Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Kategorie: Der Mittelstand im wirklichen Leben (Seite 2 von 5)

Cot almahtico

DER HERR hat mich gehabt im anfang seiner wege / Ehe er was machet / war ich da. Jch bin eingesetzt von ewigkeit / von anfang vor der Erden. Da die Tieffen noch nicht waren / da war ich schon bereit / Da die Brunne noch nicht mit wasser quollen. Ehe denn die Berge eingesenckt waren / vor den Hügeln war ich bereit. Er hatte die Erden noch nicht gemacht / vnd was dran ist / noch die Berge des Erdbodens. Da er die Himel bereitet / war ich daselbs / da er die Tieffen mit seim ziel verfasset. Da er die Wolcken droben festet / da er festiget die Brünnen der tieffen. Da er dem Meer das ziel setzet / vnd den Wassern / das sie nicht vbergehen seinen Befelh. Da er den grund der Erden legt / da war ich der Werckmeister bey jm / vnd hatte meine lust teglich / vnd spielet fur jm allezeit. Vnd spielet auff seinem Erdboden / Vnd meine lust ist bey den Menschenkindern. SO gehorcht mir nu meine Kinder / Wol denen / die meine wege behalten. Höret die Zucht vnd werdet Weise / vnd lasset sie nicht faren.

Sprüche Salomo, 8,22–33.

Das ist Wessobrunn.

Ortsmitte Wessobrunn

Wasserwerk Wessobrunn

Das ist der Weg nach Wessobrunn.

Gates of Wessobrunn

Gates of Wessobrunn

Gates of Wessobrunn

Gates of Wessobrunn

Gates of Wessobrunn

Gates of Wessobrunn

Das sind die Wessobrunnerinnen.

Wessobrunnerinnen Kühe

Das ist das Kloster Wessobrunn.

Kloster Wessobrunn mit Grauem Herzog

Und das, das ist das Wessobrunner Gebet. Neuhochdeutsch, kann man ja noch lesen.

Klosterkirche Wessobrunn, Gebet

Und das ist das Wessobrunner Gebet nochmal in Älter. Althochdeutsch, kann man ja gar nicht lesen. Saualt. So weit von unserer Sprache weg, dass man Holländisch, Plattdeutsch oder das Gegrummel aus dem Landkreis Nürnberger Land besser versteht. So alt ist das Gebet.

Wessobrunner Gebet, Gebtetsstein unter der Gebetslinde auf dem Lindenfleck

Eine von den Wurzeln der deutschen Literatur, kann man ruhig so sagen.

Wessobrunner Gebet, Gebetsstein unter der Gebetslinde am Lindenfleck

Muss man unbedingt mal hin, ist ja ein Geschenk, sowas, dass sich das so erhalten hat. Der Zettel, wo das Wessobrunner Gebet draufsteht, liegt heute ja schon in München, in der Stabi, Clm 22053, 65v und 66r, aber erst seit 1806 oder so, seit dem Napoleon. Haben also sogar die Säkularisierung überlebt, das Kloster und das Gebet, und sehen heute noch gut aus und können einwandfrei benutzt werden.

Und dann kommt da so’ne Frau.

Die Missions-Benediktinerinnen von Tutzing verkaufen das Kloster Wessobrunn an Martina Gebhardt

Nach 99 Jahren haben sich die Missions-Benediktinerinnen von Tutzing entschlossen, das Kloster Wessobrunn zu verkaufen.

Martina Gebhardt, Inhaberin der Firma Martina Gebhardt Naturkosmetik GmbH und MG Naturkosmetik Produktions GmbH, wird mit Ihren Gesellschaften in das 7 km entfernte Kloster Wessobrunn ziehen und dort Produktion, Heilpflanzenanbau, Vertrieb und Tagungshotel einrichten.

Im Weiteren sind Räume für Kunst, Manufakturen und Ausstellungen geplant.

Klingt komisch, ist aber so. Wo die freundlichen Schwestern seit eineinviertel Jahrtausenden auf die Quelle der deutschen Literatur aufgepasst haben, da darf jetzt eine neue Schwester kommen und ihre freizeitayurvedischen Duftseifen zusammenkochen, neben ihrem Tagungshotel mit Aufenthaltsraum, Tischtennis und Beamer. Haben sich eben doch ein paar Wertsetzungen verschoben seit der Zeit vor Karl dem Großen.

Eingang Klosterbücherei Wessobrunn

Klosterführung Bücherei Wessobrunn

Da muss man nämlich ganz gut aufpassen, liebe Kinder, wie es auf dem Zettel, auf dem das Wessobrunner Gebet draufsteht, drunter noch weitergeht. Diesmal lateinisch, also noch ältere Sprache, und gehört deswegen schon nicht mehr richtig zum Gebet dazu. Da steht nämlich:

Qui non vult peccata sua penitere | ille venit iterum ubi iam amplius | illum non penitebunt | nec illorum | se ultra erubescit.

Das heißt auf Neuhochdeutsch, damit es die Frau Gebhardt auch versteht:

Wer seine Sünden nicht bereuen will, kommt dereinst dorthin, wo sie ihn nicht mehr reuen können und er sich ihrer nicht mehr schämen kann.

Und so kommt man übrigens aus Wessobrunn wieder weg.

Bushaltestelle Wessobrunn Kloster, SOS

Bushaltestelle Wessobrunn Kloster

Du musst kein Schwein sein,
auch wenn der SPIEGEL das sagt.

DEM KATER SÎN BLOG: Hier spricht der Kater.

Trust and belief are two prime considerations. You must not allow yourself to be opinionated.

Only the gentle are ever really strong.

James Dean

Man kommt schon ohne Betrug oder ohne andere zu nerven in der Welt zu etwas. Einfach nur mal ausprobieren! Es tut gar nicht weh.

Ein tendenziöser Artikel auf SPIEGEL Online diese Woche zeigte mir, wie wichtig doch auch seine Kommentaristen sind.

Zeigte der SPIEGEL-Artikel “dank” eines “Whistleblower”-Verkäufers reißerisch auf, wie stark auf Einkäufer- und Verkäuferseite erfolgreich, da höchst-kreativ, getrickst und betrogen werde – bis hin zum dreisten Doppelfake, der Fake-Ausstellung angeblich gefakter China-Produkte, um Preise des starken Lieferanten stark zu drücken.

Rührte sich darauf ein Kommentarist, was das vom Autor und dem Interviewten soll. Und ob man auch bedacht hat, dass solches als gängige Geschäftspraktik gepriesene ruppige und bis ins illegale betrügerische Geschäftsverhalten nicht von Dauer ist. Beständige und vertrauensvolle Kunden-Lieferantenbeziehungen könnte so jedenfalls nicht entstehen und er selber hätte geschäftlich nur positive Erfahrungen mit nachhaltigerem Umgang.

Was soll ich sagen: ich auch.

Danke an diesen Kommentaristen. Ich mag es, wenn Kommentaristen geistig heller sind als derlei trübe Artikelschreiber. Und wünsche mir ebenfalls keine entfesselte Zockerbande als einkaufende Kundschaft, sondern vernünftige bodenständige Menschen und handle selbst ebenso.

Mit Schwein sein, kann man gern schnell reich werden wollen. Aber dann gehen Sie bitte woandershin. Ausgang nächste Tür rechts. Aber gerne! Nichts zu danken.

Hängebauchschwein mit blauen Augen, sich ausruhend

Dieses Hängebauchschwein, das sich gerade ausruht, bedankt sich auch. Diese Augen! blau und sehr menschlich. Der Vergleich solcher Menschen mit einem Schwein ist aber eigentlich eine Beleidigung. Für das Schwein.

 

 

 

Telefon-Networking

Das verdammte Telefon: Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi?

Ich: Gutewortecopiesclaimsundliebesliederwerbetextmünchenmeinnameistwolfgräbelwaskannichfürsietun?

Mausestimmchen: Hallo?

Ich: Hallo?

Mausestimmchen: Hallo, ich weiß nich, bin ich da jetz richtich bei Whholf Gcheeebl?

Ich: Jaja, sag ich doch.

Mausestimmchen: Dann hallo. Mein Name is Annika-Maria Elfenhaarpinsel [Klarname d. Red. bekannt, aber entf., d. Red.], und ich wollte gern fragen, ob ich in Ihrm Hause ein Praktikum anreten könnte.

Ich: Ein was??

Mausestimmchen: Ein Praktikum. Bitte.

Ich: Ja um Gottes willn, Mauserl, was kennst denn du scho für Wörter? Wie, ähmnaja, wie “alt” bist denn du?

Mausestimmchen: Zehnte Klasse schon.

Ich: Zehnte schon! A so a Große!

Mausestimmchen: Ja, ich weiß, ich bin etwas spät. Die letzten Jahre hatte ich mich eher in der pharmazeutischen und Pflegebranche orientiert.

Ich: Wolltst Krankenschwester wern, gell?

Mausestimmchen: Eher Richtung Altenpflege. Da erkenn ich viel mehr Chancen auf einem Wachstumsmarkt.

Ich: Hat dir des dei Lehrerin gsagt?

Mausestimmchen: Stand in der Financial Times.

Ich: Gibts die no af Deitsch?

Mausestimmchen: Hatten wir letztes Schuljahr in Englisch als Pflichtlektüre.

Ich: Respekt. Und heuer steht gwiss was anders drin?

Mausestimmchen: Ich möchte gerne Qualifilationen draufsatteln, um flexibel für den Markt zu bleiben.

Ich: A so. Hats dir recht graust vorm Nachttöpfausleern?

Mausestimmchen: Eher vor den zwölfstündigen Schichten. Das kollidiert oft mit den Schulstunden.

Ich: Vor allm wenns ein’ in der Früh wieder net pünktlich zum Feierabend nauslassn, gell.

Mausestimmchen: Ja, genau. Da kommen häufig die Hobbies zu kurz.

Ich: Was machstn da gern in deiner, ähmnaja, in deiner “Freizeit”?

Mausestimmchen: Ich kann sehr gut zeichnen.

Ich: A geh. Was malstn da immer?

Mausestimmchen: Hauptsächlich Character Design, manchmal auch gleich mit Storyboarding.

Ich: Die Diddl-Maus kannst, stimmts?

Mausestimmchen: Ja, die. Ich kann aber auch Pferde.

Ich: Jedenfalls die Köpf, wetten? Wird halt gar net viel verlangt …

Mausestimmchen: Bereits während des Kindergartens habe ich mir …

Ich: Passt scho, Mauserl, entspann dich. Brauchst dich net so bewerben, i bring di eh net unter.

Mausestimmchen: Auf Ihrer Website stand aber …

Ich: Und außerdem wars die oberste, gell. A Papp steht da. Sagt dir Panda-Update was? Und was des heißt, wenn des Wort “nicht” oder “kein” wo davorsteht?

Mausestimmchen: Zwei oder drei Monate würden schon genügen.

Ich: Und zahln kann i dir auch nix, dich krieg i ja net amal als Zulieferer verrechnet.

Mausestimmchen: Sie würden mir für mein Praktikum etwas bezahlen?

Ich: War des net so üblich?

Mausestimmchen: Keine Ahnung, was zu Ihrer Zeit üblich war …

Ich: Mauserl, i wüsst noch net amal, wo i dich hinsetz. Aufs Sofa oder was? Oder auf an leern Bierkasten?

Mausestimmchen: Das wäre kein Problem.

Ich: Schreibtisch brauchst ja auch. Zwei leere Bierkästen vielleicht?

Mausestimmchen: Ich sagte ja bereits, das wäre kein Problem. Wir können das gerne übers Home-Office abwickeln.

Ich: Mauserl, bei uns im Haus macht schon einer die Grafik, und des is mei Frau.

Mausestimmchen: Ich weiß, ich hab Sie beide gegoogelt.

Ich: Und bewirbst di immer noch? Tapfers Mauserl.

Mausestimmchen: Ist ja nur für das Praktikum. Ihr Auftrag an mich sollte ja schon klar sein.

Ich: Heißt des, du mailst mir heut im am Viertljahr an Scan von am Pferdeschädl?

Mausestimmchen: Und Sie stellen mir dafür das Zeugnis aus.

Ich: Also recht. Dei Telefonnummer seh i aufm Display, falls i inzwischn doch lieber a Diddl-Maus brauch. Und du überweist mir dann an Zwanzger oder irgendwas fürs Praktikum. A recht a Goldige bist ja und a ganz schlaus Madl, da kriegst a super Zeugnis. IBAN steht dann am Briefbogn drobm.

Mausestimmchen: Es hat mich gefreut, mit Ihnen Geschäfte zu machen. Sie hören dann von mir. Danke und schönen Tag noch!

(Rascheldiklock.)

Das verdammte Telefon: Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi?

Ich: Gutewortecopiesclaimsundliebesliederwerbetextmünchenmeinnameistwolfgräbelwaskannichfürsietun?

Frettchenstimme: Guntach, binch bei Ihn’ richtich?

ich: Kommt drauf an. Wos hinwolln.

Frettchenstimme: Wir hätten da einen Auftrach zu vergeben. Ein komplettes CI. Sind allerdings noch in der Orientierungsphase …

Ich: Ja, des hört ma heut öfter …

Frettchenstimme: Sehnse. Müssense sich allerdings bisschn anstreng’ auch für den Auftrach, wie gesacht …

Ich: Gibts a Budget?

Frettchenstimme: Wie gesacht, sind wir noch in einer Orientierungsphase, würden Sie und Ihre Arbeit aber gern kenn’lern’. Dazu wäre es wie gesacht wichtich, wenn Sie zeitnah mal bei uns erschein’ könnten. Ihre Erfahrungen, Ihre Kenntnisse, Ihre Fähigkeiten, diese Dinge, wie gesacht.

Ich: Auf meim Internet warns net?

Frettchenstimme: Sicher, wie gesacht!

Ich: Und? Referenzen? Nix?

Frettchenstimme: Wer hat heut schon diese Zeit, alle Seiten anzuschaun, nichwah, und wie gesacht alles in dieser Smartphonegröße. Also wann könnse vorbeischaun?

Ich: Die Branche wissns aber scho?

Frettchenstimme: Pharmalösung’.

Ich: Tabletten und Verbandszeuch und so? Oder mehr Austattung für Krankenhäuser? Sankas, Nachttöpf, so Sachen?

Frettchenstimme: Nee, wie gesacht: Lösung’. IT.

Ich: Also kei Geld, kei Produkt, kei Gschäft, seh i des richtig so?

Frettchenstimme: Hahaha!

Ich: Des war kei Scherz …

Frettchenstimme: Naja, wie gesacht: Sie sind der Künstler, nichwah!

Ich: Komplettes CI, sagn Sie? Also außer Text scho aa Grafik?

Frettchenstimme: Wie gesacht.

Ich: Geht des aa vom Home-Office aus?

Frettchenstimme: Wenn wir uns darauf einigen, wie gesacht …

Ich: Wartns gschwind, da hab i Ihnen a Nummer.

Stopp und renn

Feinkost M. Stopp, Sailerstraße

Dabei ist doch so klar, warum solche Läden praktisch ausgestorben sind: weil man sich durch solche Straßen nicht alleine traut. Milbertshofen hat immer noch den Ruf des kleinen Hasenbergls, da muss nicht erst die Dunkelheit einbrechen, damit einen jede alleinstehende Frau verdächtigt, man will ihr was. In leichten Fällen hilft es, die Straßenseite zu wechseln; wenn der Ladenschluss droht: rennen.

Aber sie tun schon was: Schmetterlinge draufmalen.

Feinkost M. Stopp, Sailerstraße

Kommt ein Germanist in den Musikladen.

“Grüß Gott.”

“Grüß Gott?”

“Banjosaiten bitte.”

“Vier- oder Five-string?”

“Four- oder Five-string!”

“Ja, genau: vier oder fünf?”

“Genau genommen viereinhalb.”

“Müssen’s fei aufpassen: Gitarrenbanjo hätt sechs.”

“Dann is es doch ka Banjo mehr.”

“Gitarrenbanjo.”

“Und die mit weniger?”

“Banjo halt. Vier- oder Five-string. Je nachdem.”

“Gitarrensaiten bräucht ich vielleicht auch.”

“Stahl oder Nylon?”

“Naa, passt scho. Einfach welche fürs Banjo.”

Was wolln’S’n drauf spieln?”

“Bei mir is wurscht, was i spiel. Des wird eh immer Wolfgang Ambros.”

“Und da immer Mir geht es wie dem Jesus, stimmt’s?”

“Ja, des.”

“Ja, des is a bekanntes Problem. Streichinstrumente ham immer vier. Ham’S scho mal an a Streichinstrument dacht?”

“Ja, immer wenn mei Radio auf Bayern Klassik wegschwimmt.”

“Bei Ihrer Größ geht Kontrabass. Da sin die Saiten immer Schafsdarm.”

“Gibt’s die dann aa in Lamm oder Hammel?”

“Dreiviertel oder Vierviertel?”

“Krieg i etz meine Banjosaiten?”

“Five-string. Siem neununeunzich.”

“Danke.”

~~~\~~~~~~~/~~~

“Und, Wölfling? Hast kriegt, wast wolln hast?”

“Keine Ahnung. Kann aber sein.”

“Meiomei, bis ma von dir a Antwort kriegt.”

Soundtrack: Dueling Banjos aus Deliverance
(dt.: Beim Sterben ist jeder der Erste), 1972, was sonst.

Der moderne Hofnarr

 

Die moderne Jobwelt ist alternativlos:

Ermüdende Sandwich-Positionen für das strebsame Akademikervolk.
Null Erbauung.
Immerwährender Stress.
Mäßige Bezahlung.

Sie wissen schon: diese pseudo-Managertitel für die Daueroptimierer-Sandwiches der mittleren Ebene. Um die tragen zu dürfen, gibt es gnadenlos blaue Flecken von oben und von unten. Daher der Begriff Sandwich, mittendrin. Aber man muss nehmen, was man kriegen kann.

Eine Hotelcheffin aus Österreich weiß die Sehnsucht nach ganzheitlicher Berufung, in der man ganz man selbst sein darf, für ihr Hotel zu nutzen:

Sie vergibt jetzt den Job eines Hofnarren für ihr feudales Hotel. Und lässt den EulenSPIEGEL Online berichten.

Ihre Jobbeschreibung (so sagt jedenfalls die Hoteldame):

Den Gästen Fragen beantworten.

Sie auf das einstimmen, was sie erwartet.

Über das Angebot informieren (wann die Palatschinkenstunde anfängt)

Orientierungslosen Gästen das Gelände erklären.

Die Gäste leiten.

Aha.

Weiß sie denn nicht, dass die echten Hofnarren ganz andere Sachen gemacht haben: dem König und seinem Hofstaat Kritik an den bestehenden Verhältnissen auf philsosophische oder närrisch-künstlerische Art darzubieten.

Dass sich bereits ein Manager närrischerweise auf diesen Job, der nicht nur Unemüdlichkeit und kaum Freizeit anbietet plus mit kläglichen 1.400,00 EUR brutto dotiert^^ ist, meldete, ist ein Hinweis darauf, dass darüber, was ein Hofnarr wirklich ist, zarte Missverständnise herrschen.

Hofnarr Prangerl

Prangerl am Karlstor, München (Bildquelle: Wikipedia Commons http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AMuenchen_Karlstor_Hofnarr_03062009.JPG)

Der letzte bairische Hofnarr Hofnarr Prangerl http://bar.wikipedia.org/wiki/Hofnarr_Prangerl wusste noch darum, was ein Hofnarr an kulturellen Kompetenzen haben muss. Eine seiner höfischen “Missetaten” war, sich bei einem Konzert als den extra eingeladenen französischen Geigenkünstler auszugeben und keiner hats gemerkt. Erst am Schluss lüftete er seine Identität. Er konnte Geige. Anscheinend anständig genug, dass es nicht aufflog.

Ich glaube, da müssen Manager noch nachlegen.

Sonst wird es nix mit dem Job. Und es muss ein extra Hofnarren-Hartz-4 geschaffen werden (fordern und fördern), damit sie nicht in der faulen sozialen Hängematte herumdämmern, und sie wieder in vernünftige kulturelle Kontexte eingegliedert werden können.

Und ja, natürlich weiß der geneigte Leser, dass es lediglich um mehr oder weniger gekonnte Hotel-PR auf http://www.spiegel.de/reise/europa/hofnarr-gesucht-ungewoehnliche-stellenanzeige-eines-hotels-a-906080.html des SPIEGELs ging.

“Die Direktorin selbst hält die Position für die wichtigste ihres Hauses.”

Ein Narr, wer Arges dabei denkt wer glaubt, dass sich Unverständnis über das echte Narrentum zumindest mit Verständnis über wertschätzende Bezahlung ausgleichen muss. It won’t.

Mystik, Maria, Basketball

München rockt. Schon irgendwie. Da haben die Buchhandlungen Abteilungen, die “Mystik, Maria, Päpste” heißen. Rockt das nicht? Also, ich finde, sowas rockt.

Dombuchhandlung München, Mystik Maria Päpste

Auch nicht ganz rockfrei: Sportliche Betätigung ist erschwert. Das ist ja der Sinn, dass man sich für Sport extra anstrengen muss, und recht lange kann das auch nicht gut gehen. Das ist in der Barerstraße im Kunstareal, da ist das bestimmt Absicht.

Dombuchhandlung München, Mystik Maria Päpste

Die Qualität der Bilder entspricht nicht der professionellen Auffassung von the missing link. Deshalb sind sie privat. Schenk ich Ihnen.

Die Syntax der Süßen

Die Diskussion darüber, was es eine Maschine angeht, wie die Leute so drauf sind, die sie bedienen, reißt seit Stanley Kubrick nicht ab. Die Diskussion darüber, was es uns angeht, wie die Leute drauf sind, die uns bedienen, hat gerade erst eingesetzt.

Bar-Beleg Gasthof Pillhofer, Nürnberg

Laut der Maschine, die sich mittels eines steuerlich belanglosen Bar-Belegs äußert, war es eine ganz Süße. So viel hätte sich möglicherweise noch unserem eigenen Urteil erschlossen, das Frappierende ist jedoch die Formulierung: “Sie wurden bedient von: Einer ganz Süßen”. Seit wir im selben Hotel und Altfränkischen Gasthaus Restaurant Pillhofer zu Nürnberg einst von einer nicht näher vorgestellten “Wüstenprinzessin” bedient wurden, hat sich einiges getan.

Zuerst sticht ins Auge: Die Bedienung wird zuoberst genannt. Eine alles andere denn selbstverständliche Aufwertung, wie sie in Gesellschaften, die ausschließlich dem Recht des Stärkeren folgen, überhaupt nicht denkbar wäre. Selbst die Wüstenprinzessin nahm damals den Platz einer bloßen Fußnote ein.

Zweitens: die Semantik. Nicht der Klarname der Bedienung erscheint als wichtig, sondern ihr hervorstechendstes Attribut. Auch darin scheint ein Umgang mit dem Personal auf, den wir von indigenen Völkern kennen: Der Name, der zählt, muss verdient werden. So wie Lederstrumpf in jungen Jahren Natty Bumppo hieß, damit das Kind einen Namen hatte, wurde er in seiner späteren Peer-Group als der eine wahrgenommen, der komische Hosen anhat. Sein wahrer Name Wildtöter konnte ihm erst nach bestimmten, sozial bedeutsamen Leistungen verliehen werden. Und Hildegard oder Heidi oder Gabi oder Jacqueline vom Pillhofer musste erst über Jahrzehnte (aber nicht zu viele) zu einer ganz Süßen heranreifen.

Drittens: die Syntax. Ein schlichter Aussagesatz, Präteritum Indikativ im Passivmodus, Subjekt–Prädikat–Objekt, alles kinderleicht und normal. Allerdings wird dieser sonst nicht weiter auffällige, schon gar nicht auffallend lange Satzbau von einem Doppelpunkt unterteilt. Unerachtet das maschinell bedingt sein mag, wurde es dennoch von jemandem billigend genug in Kauf genommen, um es der anonymen Öffentlichkeit mitzuteilen. Mehr noch: Nach dem Doppelpunkt geht der Satz in Großschreibung weiter, als ob ein neuer Satz anfinge. Das verleiht dem Satzteil “Einer ganz Süßen” eine eigenständig machende Wichtigkeit – und dementsprechend der Süßen selbst, die den ganzen Satz für sich allein behalten darf.

Dagegen weist die Thema-Rhema-Aufteilung staatlicher Bevormundung den ihr gebührenden Stellenwert zu: Die Mehrwertsteuer ist – so vornehm wird sich ausgedrückt – rein informativ, deswegen erscheint sie gleich gar nicht. Auch damit, dass jemals ein Gast Wert auf einen Bewirtungsbeleg legen sollte, wird nicht gerechnet: Der Vorschlag dazu wird als Allerletztes gemacht – mit den einzigen Ausrufubgszeichen des ganzen Textes, also in einem Tonfall wie “Hals- und Beinbruch”, den niemand ernsthaft wünschen kann.

Ebenso determiniert die maschinenbedingte Syntax, den angefangenen Satz mit einem Objekt im Dativ fortzuführen, indem sie Passivmodus vorgibt. Bei Hildegard oder Heidi oder Gabi oder Jacqueline hätte der Dativ gleichgelautet, weil es seit dem 19. Jahrhundert unüblich geworden ist, Eigennamen zu deklinieren, was man bedauern oder begrüßen kann. Der Jemand, welcher der Süßen ihren vollständigen Satz überlassen hat – so vollständig, wie Ellipsen sein können –, musste sie zugleich vom Subjekt zum Objekt machen.

Das kann wiederum semantisch als Degradation begriffen werden. Wir wollen deshalb zugute halten, dass dieser Meister (oder diese Meisterin) der EDV den Punkt am Satzende nicht vergessen hat oder sich nur nicht durchringen konnte, für den geschäftlichen Zweck ein durchaus sinnvolles Ausrufungszeichen zu verwenden.

Auf den abschließenden Punkt, behaupten wir, wurde absichtsvoll verzichtet, und zwar um auszudrücken: Wenn hier unsere ganz Süße zum Objekt degradiert wird, dann unter Protest gegen die sprachlich unsensible Maschine, hier ist das letzte Wort nicht gesprochen.

Folglich haben wir unsererseits darauf verzichtet, auf eine steuerlich absetzbare Quittung für unser Weizen Alk. Frei (eine Syntax, die wir ein andermal würdigen wollen) und die Apfelschorle zu bestehen. Was wäre denn zu erwarten gewesen? –: Der undeklinierte Klarname der Bedienung. Immerhin könnte es jederzeit blöd laufen, und die EDV-Meisterin muss unter Ausnutzung der zugelassenen Anschlagszahl für die Bar-Belege eingeben: “Sie wurden bedient von: einem ganz fiesen, unaufmerksamen, dazu noch kreuzhässlichen Zinken, der am besten ALLE Sätze für sich behalten darf!”

Das wäre ihr nicht gerecht geworden. Die ist nämlich in Präsens, Indikativ, Nominativ und Aktivmodus: Eine ganz Süße. Punkt.

Unbekanntes Obermenzing

Die Versorgung der Obermenzinger Bevölkerung mit Nagelpflegestudios, die einen Namen mit “Oase” tragen, ist langfristig gesichert. Schade, dass die Obermenzinger offenbar so miese Fingernägel haben, aber niemand soll sagen können, dass in diesem gesegneten Stadtteil jemand weiter als 100 Meter bis zu seinem Nagelstudio laufen muss. Wir wollen deshalb an dieser Stelle von deren Dokumentation absehen.

Weiterhin unterschätzt bleiben die Geschäftsideen der umtriebigen Obermenzinger, auf die man nicht ohne weiteres kommt. Bei meiner Suche nach dem etwas abgelegenen Schloss Blutenburg hat mich besonders beeindruckt, wie man beim Eisessen auch gleich seine Stoffknöpfe erneuern lassen kann (Sarasatestraße 67):

Und auf der Lebensader Obermenzings, der Verdistraße, lassen sie’s gleich dermaßen krachen, dass sich der weiland Arverner Alkoholix mit seiner Diversifikation auf gerade mal Wein und Kohlen verstecken kann. Eine Änderungsschneiderei mit angeschlossenem Schreibwarenladen und Glaserei, alle Achtung. Es waren halt andere Zeiten.

Wie Schloss Blutenburg, das ich dann doch noch gefunden hab, so beieinander ist (vollständigste Kirchenausstattung der Spätgotik Deutschlands mit kaum wurmstichiger 1488er Madonna! Internationale Kinder- und Jugendbibliothek mit Erich-Kästner-Zimmer, Michael-Ende-Museum und Binette-Schroeder-Kabinett! James-Krüss-Turm! Agnes Bernauers Bett!), kann in meinem Skizzenbuch eingesehen werden; für die digitalen Darstellungen war die Speicherkarte dann leider schon voll.

(Die Bilder sind alles meine. Dürfen Sie aber gern benutzen, wenn Sie dazusagen, von wem sie sind. Das geht, weil ich sie nicht kommerziell nutzen will. Wozu denn schon.)

„Family from Hell“ oder: Kleine Morde unter Freunden

 

"Clients from Hell" kenne ich als Site.

…als Buch als Gute-Nacht-Lektüre (ISBN 978-0-9824739-3-1); darin wird die missverständliche Sicht auf unsere kreative Arbeit in zahlreichen wunderbaren Geschichten nacherzählt. Diese sind wahr, unfassbar und daher brüllwitzig komisch!

kennt es Thilo vom fontblog.

 

Wer aber kennt das Buch "Family from Hell"?

Ich! Ganz alleine!

Die missverständliche Sicht auf kreative Arbeit darf ich im realen Alltag ab und an „genießen“. Zu Besuch gestern bei meinen Lieben auch wieder.

Nicht nur, dass sie kaum verstehen, was ich mache. (Der Klassiker: „Irgendwas mit Computer, aber früher war das doch mit Pinsel …“) Das habe ich langsam kapieren müssen, dass sich das wohl nie ändern wird. Denn eine Erklärung, was ich eigentlich wirklich mache, die länger ist als 2 Sätze, wird nicht gewünscht und ihr wird auch nicht zugehört. Werde eher abrupt unterbrochen, dass es doch besser gewesen wäre, wenn ich Lehrer geworden wäre, weil ich so gerne belehren würde…

Ich gab es also schon vor längerer Zeit auf. Muss ja keine Magengeschwüre kriegen.

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Man gibt mir aber auch regelmäßig ungefragt Ratschläge, dass ich den „Kunden“ halt einfach alles machen solle, was sie wollten. Ihnen beispielsweise Stellenanzeigen gestalten, wo HohlSPIEGEL-reif widersprüchlichster Schwachsinn im Text stehen solle. Nicht beraten! Die wollen das halt und dann machst du das halt so! Denn dann wären diese zufrieden mit dir und das sei Dienstleistung.

Sie halten sich damit jedoch nicht allzu lange auf, lassen mich verdattert stehen und sprechen bei Torte wieder darüber, wie teuer ihr Gärtner geworden sei, ihre neue Nagellackfarbe, und dass sie versuchen wollen, aus ihrem geschlossenen Immobilienfonds herauszukommen, der zu wenig Ertrag abwirft … .

Was steh' ich aus.

Ich weiß manchmal nicht, ob ich über Realsatire im Alltag lachen oder weinen soll. Satire besser im Buch oder im Film! Besser ist das.

DVD-Empfehlung: „Kleine Morde unter Freunden“

 

Händeringend

Na bravo. Solche Anzeigen gibt’s tatsächlich noch (“Keine jahrhundertealte Vergangenheit, sondern innovative Ideen”). Und dann muss man aus biologischen Gründen hingucken und dann heißt’s wieder, Männer sind schwanzgesteuert.

Stellenanzeige Maelu

Ich kann’s nicht mehr hören. Bitte bewerb sich doch endlich jemand, damit das aus dem Verkehr kommt. Theatinerstraße, der Inbegriff von zentral; von außen sieht der Laden sogar ganz begehbar aus:

Wir suchen:

Mitarbeiter für Service/Verkauf (m/w)
Vollzeit oder teilzeit

Café MAELU
Theatinerstraße 32
80333 München

oder

MAELU GbR
-Personalabteilung-

Kleinhaderner Straße 2
D-80689 München

Fachliteratur: Shocking Sexism Vintage Ads. Nein, weder das Bild noch der Link ist Satire. Das meinen die so.

Hard to be humble

Gänsefüßchen 1: Die Klassikerin.

“Hundert Mark? Dafür krieg ich ja noch nicht mal ein T-Shirt.”

Claudia Schiffer, kolportiert “90er Jahre”, Zuschreibung.

Gänsefüßchen 2: Die Streberin.

“Ich war schnell diejenige, die am weitesten war, und man lernt ja nichts, wenn man immer die Beste ist.”

Sophie Auster, in: Dirk Peitz: Die schöne Streberin, Süddeutsche Zeitung, 23. September 2006.

Gänsefüßchen 3: Die Allrounderin.

“Ich hasse es, wenn man mich ‘Exmodel’ nennt, nur weil ich als Teenager ein paar Schauen gelaufen bin.”

Charlize Theron: Vom Leben gelernt, in: Neon, 1. September 2008.

Gänsefüßchen 4: Die Designerin.

“Man sollte sich nicht bremsen lassen und sagen, ich mache nur das, was gut läuft. Sondern aus seiner Freiheit schöpfen, solange man noch von keinem Konzern aufgekauft wurde. […]

Ich ging nach der Schule davon aus, dass ich in einer großen Firma arbeiten werde. Am College in London hat sich dann herausgestellt, dass ich als One-Man-Show am besten funktioniere. Meine Direktorin hat mir geraten, nicht viel Zeit zu verlieren in anderen Unternehmen.”

Angelika Paschbeck von Paschbeck Fummel+Kram, München-Schwanthalerhöhe, nach: München – der beste Stoff für Mode, in: München erleben 3.2010.

(Dabei ist das sonst eine ganz Liebe.)

Schweinshaxe 5: Mac Davis.

Mac Davis: It’s Hard to Be Humble, in The Muppet Show 110 vom 8. März 1981.

Gründe für die Selbstständigkeit, Folge 495: Teamwork Rag

Der Gruppen-IQ errechnet sich aus dem IQ des dümmsten Gruppenmitglieds geteilt durch die Anzahl der Gruppenmitglieder.

Terry Pratchett

(Talking Blues, Ragtime Turnaround.)

Na was hams denn
Hams ka Zeid
Hams ka Zeid für Diemwörg
Kömmers fei aa anders machn

Hams ka Zeid oder
wollns ned oder
könnens ned
oder dudd Ihnen des weh

Wissens was des is a Diemwörg
wie des geht flexibl sei muss ma da und weng auf Zagg
Gas gem durchschdaddn sein Deil beidrang und
horchn was eim xachd wird

Oder hams am End
grad was Wichdigers zum Duhn
Dann willi nix xagt ham
wenns was Wichdigers zum Duhn ham

Oder brichd Ihnen da
a Zaggen aus der Gronen
wenns mid uns a Diemwörg machn
Na des dudd dann freilich weh

Kömmer Ihnen scho Zeid gem
ganz viel Zeid kömmer gem
für alles Wichdigers
was zum Duhn ham

Des könnens dann in Ihrn Zeugnis lesn
wieviel Zeid dass ghabd ham
und sich Ihnen gnommen ham
Aber wenns fei ned können oder wolln oder sich Ihnen weh dennen oder an Zaggen aus der Gronen brechen

Fade-out: Weiß ned von der Zeidarbeid schiggens uns einglich normalerweis immer meisdens a ganz a indelligendes Madderal rei des zumindesdns glei weiß wie da herin bei uns a Diemwörg gschriem wird

[Ca. 2001. Herr S. (Name geändert) müsste den Job noch haben.]

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Bonus Track: Miss Derringer: Better Run Away From Me, from: Lullabies, 2006.

Die west-östlichen Sofata

Nein, das heißt nicht richtig “Sofata”. Aber wenn Sie beim Einkaufen im Bahnhofsviertel Goethe treffen, mögen Sie sich auch nicht mehr mit halbherzigen Hyperkorrektismen wie “Sofae” zufriedengeben. Die Dame aus dem Film war gerade aus, Gemüse war noch da.

Wer sich selbst und Andre kennt,
Wird auch hier erkennen:
Orient und Okzident
Sind nicht mehr zu trennen.

Sinnig zwischen beiden Welten
Sich zu wiegen lass’ ich gelten;
Also zwischen Ost und Westen
Sich bewegen, sei’s zum Besten!

Goethe: West-östlicher Divan, 1819 ff.

Hotel Goethe München

Bild: Hotel Goethe, München; Film: Nil Ausländer, 28. Mai 2010.

PS: Leider muss ich aus juristischen Gründen an dieser Stelle vermerken, dass das Bildmaterial meinem eigenen Copyright unterliegt, weil ich keine 8000 Euro zuviel hab. Die Bilder sind zur Gaudi auf meinem Flickr-Account, die schenk ich Ihnen.

Den Sand in den Kopf stecken

In diesen ruhelosen Tagen werden unsere Kollegen aller Branchen “was zur WM machen” müssen. Das muss the missing link glücklicherweise nicht. Bis zum 11. Juli 2010, an dem dieser betrübliche Auswuchs der afrikanischen Entwicklungshilfe enden wird, verhalten Sie sich uns und allen gefühlsbegabten Menschen gegenüber nach folgenden sehr wenigen, sehr einfachen Regeln:

  1. Meiden Sie Zusammenrottungen vor übergroßen Monitoren. Man erkennt sie von weitem am typischen Ausruf “Schlant!” und am Klang des Rauschens wie von Meeresbrandungen oder Autobahnen, gerne auch von traditionell afrikanischen Musikinstrumenten, die ähnlich heißen wie ein zurückgezogen lebender deutscher Fußballspieler. — Sollten Sie trotzdem unverschuldet in eine solche Zusammenrottung geraten, vergegenwärtigen Sie sich, dass man traditionell afrikanische Musikinstrumente und zurückgezogen lebende deutsche Fußballspieler respektieren sollte. Ebenfalls mit Respekt, nicht etwa Mitleid, sollte man zum eigenen Schutz Menschen mit Verhaltensstörungen begegnen. Deren Selbsthilfegruppen lösen sich am 11. Juli von selbst auf und mit ihnen das Problem, das sie bewältigen.
  2. Vermeiden Sie auch den Erwerb von Merchandising, der im Zusammenhang mit dem Fußball der Herren steht. Sehr wahrscheinlich unterstützen Sie damit niemanden, der Sie nicht dafür verhöhnen würde, allen voran eine undurchschaubare Hierarchie bizarr überbezahlter Hauptschulabbrecher. — Sollten Sie trotzdem unverschuldet solches Merchandising erwerben, etwa weil Entwicklungshilfe schließlich Entwicklungshilfe ist, oder weil Sie glauben, dass der Krempel in fünfzig Jahren was wert wird, verschließen Sie es gut an einem Ort, zu dem niemand außer Ihnen Einsicht gewinnt.
  3. Vor allem aber vermeiden Sie die Sätze “Der Ball ist rund”, “Der nächste Gegner ist immer der schwerste”, “Das Spiel dauert neunzig Minuten” und “Nach dem Spiel ist vor dem Spiel” sowie die Synekdoche “das runde Leder” als Umschreibung für einen Fußball. 1954, das war gerade einmal neun Jahre nach dem bisher verheerendsten Krieg, als man froh sein musste, wenn die Leute nicht noch schlimmere Sachen sagten. Rechnen Sie zum Vergleich nach, wo Sie heute vor neun Jahren standen, und bewahren Sie ein Mindestmaß an Würde in Ihren Äußerungen. — Sollten Sie trotzdem unverschuldet solche Sätze aufsagen müssen, etwa weil Sie sonst von Menschen, die sich unter Drogeneinfluss die Wangen mit Landesflaggen bemalt haben, spontan auf die Lichter kriegen, hören Sie hinterher zuhause ein Viertelstündchen Deutschlandfunk. Das bereichert und reinigt den Geist.

Sollten ungnädige Umstände Sie dennoch in den nächsten Wochen zwingen, ein Fernsehgerät zu verwenden: Nutzen Sie die DJ-Helme, die Sie sonst in Ihren iPod stöpseln! Die passen nämlich auch in die Kopfhöreranschlüsse an Breitwandfernsehern. Danke.

Nächste Woche: Korrektes Verhalten, wenn die Sendung mit der Maus wegen Fußball ausfällt, in behördlich unterstützten Verkehrsstörungen (“Autokorso”) und im Kontakt mit Betroffenen und Angehörigen.

Marketingmixgetränk

Gerade Firmengründer übersehen gern, dass Marketing aus vier Sachen besteht, die mit P anfangen (wenn nicht sogar zehn, was man allerdings bemüht finden kann).

Betrachten wir, was eingeführte Marken richtig machen. Nicht solches Hipster-Zeug, dem von alleine klar ist (oder sein sollte, wenn es eine Neugründung ist), dass es nächstes Jahr um diese Zeit keinen Schnitt mehr macht. Sondern einen Partner von Handel und Gastronomie mit mehr als 1000 Weinen, Champagner, Sekt und Spirituosen der gehobenen Kategorie im Sortiment plus eine breite Palette angeschlossener Dienstleistungen: Schlumberger.

Schlumberger Sekt im V-Markt München

Kennen Sie nicht? Nein, das ist eine Gastronomiemarke. Muss also den kritischen Augen und Zungen von Profis standhalten, nicht die Mitnahmebrühe aus der Quengelzone. Und ich kenn den Stoff auch nur aus dem Münchner V-Markt, der einerseits noch wie Metro die Mengen bereithält, die der Gastronom braucht, andererseits schon aufs Schild vor der Einfahrt schreibt: “Einkaufen für jedermann”. Auch ein Missing Link, gell? Bei V bekommen sie einzelne Brösel Safran genauso wie die gastronomisch relevanten Gebinde wie Zehn-Kilo-Kübel norwegischer Preiselbeeren. Wissen Sie, was die Metro Ihnen hustet, wenn Sie ein Mädchenglas (150 Gramm) Quittengelee verlangen? Kennt also nicht jeder, den Schlumberger, und das soll so.

Gehen wir durch:

1. P wie Produkt: Schlumberger Jahrgangssekt/Vintage Brut, Sparkling ,Methode Traditionelle, Edition Chin Chin, 0,75 Liter, 11,99 Euro. Laut Eigenbeschreibung: “Die Schmuckdose ‘Chin-Chin’ ist das ideale Geschenk für Weihnachten. Dies ist die fünfte Dose der Sammeledition, in der die Schlumberger Elfe als charmantes Motiv in einer limitierten Auflage variiert und zum Sammeln einlädt.” Ein ehrbares Gesöff. Und eins in einer Reihe, von der man mehr brauchen wird. Ein Geschenk, das was darstellt, und möglicherweise nicht das letzte. Toll, da hat man zum Geburtstag schon wieder was. Vor allem aber etwas, das man an einem Point of Decision aussuchen und getrost nach Hause tragen kann, und eben kein abstrakter Gegenwert für meine harte Währung (“Random IT Solutions”). Gesoffen wird immer, die Elfe hat jeder gern zu Hause, und in der Dose kann man hinterher noch herrenlose Dübel aufheben.

2. P wie Placement: Im Direktvertrieb aus 53340 Meckenheim, oder bei ausgewählten Outlets wie dem V-Markt. Und dort für den Jedermannsverbraucher als Einzelflasche, nicht erst palettenweise für Hochzeiten aufwärts (“Busse willkommen”). Und sie haben ihre Einzelhandelsazubine eigens zu Elektro Conrad losgeschickt, um zwei Klemmspotlights fürs Regal anzuschaffen, damit die Sektelfe auf der Verpackung schön zur Geltung kommt. Das macht etwa 10 Euro für die Spotlights plus nochmal so viel für zwei Arbeitsstunden Azubi Eizelhandel (in München wahrscheinlich eher drei, weil der Conrad im Tal gerade neben einer San Francisco Coffee Company liegt, keinem ordinären Starbucks).

3. P wie Preis: Literpreis 15,99 Euro. Gastronomen schauen auf sowas, und ich auch. Die Mitte zwischen Mitnahmeschnäppchen und wertigem Geschenkpreis, mit dem man sich weder ruinieren noch genieren muss.

4. P wie Promotion: Ja, das hätte der Neugründer gern, alles auf diesen geisteswissenschaftlich “ausgebildeten” Schöngeist von Reklamefuzzi abzuwälzen, wenn der Rubel nicht so rollen will. Weder setzt sich Qualität mirum in modum von selber durch, noch wird Werbung aus Müll Gold machen (Sie erinnern sich, wie König Midas endete), auch wenn sie es mit dem nötigen Etat eine Zeitlang behaupten kann. Aber wozu?

Stellenweise verstehe ich Neugründer trotzdem: Warum machen wir nicht einfach alle einen tollen Sekt mit einer hübschen Elfe drauf und alle sind glücklich, bis sie sektselig entschlafen? Das kriegen wir nächste Stunde unter “Marktsättigung”.

Schlumberger Präsentideen

PS: Leider muss ich aus juristischen Gründen an dieser Stelle vermerken, dass das obere Bild meinem eigenen Copyright unterliegt, weil ich keine 8000 Euro zuviel hab. Es liegt sind zur Gaudi auf meinem Flickr-Account, das schenk ich Ihnen.

Facebook-Nutzung Kalenderwoche 05/10

Update zu prekäres Handwerkerbairisch,
So wird das mit dem Web 3.0
und Mutter, du hier?:

1.: Arbeitszeit Inland

“Oiso do schauns her Frau Greizleitner, mir miassn etz amoi do ois durchgreifa do. Sie schreim etz do a Schreim, an den Gsichtsbuach, wo inserne internen Mitarbeiter namentlich aufgführt san. Do schreims, dass des fei a so ned geht. Olle Dog stengat do a andrer Grampf drin, wos mir fir an Blädsinn dreim dadn während inserne bezoite Arbatszeitstundn. Weil nachant gibt des eine Beschwerden, dass der Gsichtsbiachl für einen anständigen Arbeitgeber, respektiven Mittelstand, der was ein Rückgrat ist von inserner Wirtschaft, kein Aushängeschild nicht ist und dass mir sonst fei aa zur Konkurrenz gengen kinna. Hamma uns. Und leengs mas zerscht nomoi vor zum Lesn, wanns mit Ihrn Compjuterzeigl fertig san, bevorses obschicka dan.”

2.: Freizeit Ausland

Everything Terrible!: Intro to Smooching.

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