Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Juli 2014

Mia san mia – und Kaiser simma eh.
Was das Maldöschen auf Gleis 1 mit der Landesausstellung Regensburg zu tun hat …

An was ich mich erinnere, war die extreme Dunkelheit im Dom und das gleißende Licht draußen. Die gute, aber viel zu kurze Führung und wie laut es in einem Dom sein kann, wenn mehrere Führungen auf einmal stattfinden. Man durfte innen nichts fotografieren und die Madonna mit dem Distelfink in der Kapelle am Kreuzgang wäre eine Sünde (also ein unerlaubtes Foto) wert gewesen.

Dabei sind wir eigentlich nur nach Regensburg, um mein metallenes Maldöschen aus dem Gleis 1 zu fischen, das dort am vorigen Wochenende beim Umsteigen in Regensburg aus seinem Rucksack fallend verloren ging.

Genauer: Das Maldöschen war meins. Und ich greinte, dass er es so lässig in eine äußere Rucksacktasche gestopft hatte, musste ja. Bekam ich einen erneuten Samstag in Regenburg geschenkt. Wir gleich auf Gleis 1 mein Einbein-Stativ (Manfrotto) ausgefahren und mit Klebeband unten an der Spitze präpariert, zwei nichtsnutzige Sonnenbrillen und mein Döschen aus dem Schotterbett gefischt. Gleich warense da, die Bahnbeamten: “Was machen Sie denn da?”

Waren wir aber schon fertig, hehe. Wir: “Nix!”

Und wenn man schon einmal da ist in diesem Regensburg, dann ab zum Ludwig, damit es sich rentiert. Hört sich an wie eine Kneipe, ist aber ein stock-eigensinniger Bayer wie er im Buche steht.
Ludwig der Bayer: Wir sind Kaiser!
Bild: Junggesellinnenabschiede unten, und alter Sack oben.

Wo Ludwig sich einst mit der Obrigkeit, den Päpsten, anlegte, sitzen heute ganze Regierungen samt ihrem Volk die Probleme aus und wenden sich Schabernack und Kostümparties zu.

Aus dem Besucherbuch 25.05.2014: “Lieber Ludwig, wir bitten für Deine Entlassung aus dem Fegefeuer.”

Junggesellinnenabschied im Schatten des Doms
Man sucht an diesem Tag lieber den Schatten.

Figur mit Löwe an der Fassade des Regensburger Doms Figur mit Löwin an der Fassade des Regensburger Doms
Wüstentieren wie Löwe und Löwin ist das schon lange ziemlich wurscht.

Schattiger Innenhof mit Platane des Café Prock Regensburg
Kluge Wölfe retten sich in einen schattigen Hinterhof.

Wolf im Innenhof des Café Prock beim Eiskaffee

 

Es gibt frischen Beerenkuchen (Erdbeere, rote Johannisbeere, scharze Johannisbeere) und jede Menge Sahne
Tortenporn: Kühle, frische Beerentorte (Erdbeere, rote Johannisbeeren, Heidelbeeren) mit saftiger Mohnunterlage und Sahneberg.

Vertreter der Regensburger Hofspatzen
Vertreter der Regensburger Hofspatzen warten auf Krümel.

Sonnendurchglühter Fuchsengang, Regensburg
Der Fuchsengang in Regensburg präsentierte sich sogar noch beim Heimgehen um 18:00 als sonnendurchglühte, menschenleere Gasse. Diese verdammte Hitze! Aber die Dose ist wieder da, das ist das Wichtigste … . Lieber Ludwig magst ruhig sein.

 

Falscher Ehrgeiz am Berg

DEM KATER SÎN BLOG: Hier spricht der kluge Kater.

„Optimismus ist, bei Gewitter auf dem höchsten Berg in einer Kupferrüstung zu stehen und Scheiß Götter! zu rufen.“
Terry Pratchett

Um sie zu pflücken, sind die Wahnsinnigen früher reihenweise vom Berg gefallen.
Das Edelweiß, wegen dem man nicht am Berg abstürzen muss
Leontopodium nivale subsp. alpinum (Fotografie: Veronika Gräbel, CC)
Darf nicht mehr gepflückt werden, strenger Naturschutz. (Doppelt auf das Bild klicken, es eröffnet sich ein unglaublicher Kosmos aus Pelz, Härchen und hnhn phallusartigen Stempeln.)

Heute kann der kluge & faule Kater das Alpen-Edelweiß in aller Ruhe im Tastgarten für Blinde in Hüfthöhe bequem anschauen.

Der Rosengarten München, wo sie wächst, ist fast mitten in der Stadt an der Isar und immer einen kleinen Besuch wert. Obwohl sie heuer den Hummelkasten entfernt haben. Mist, konnte beinahe stundenlang den Steinhummeln beim pummeligen Hinein- und Hinausschlüpfen durch diese winzige Plexiglas-Steinhummel-Katzenklappe zusehen.

Gruß
Der Kater

Link, schöner Beitrag:
Wie das Edelweiß berühmt wurde
Der Bub: “Das Edelweiß wächst dort ganz oben, wo’s am g’fährlichsten ist. Da oben, wo die Geier wohnen.”

 

Adam Smith für Arme

Wenn es möglichst vielen möglichst beschissen geht, geht es allen gut.

Nein, das ist nicht der Feudalismus, der zur Französischen Revolution geführt hat, das ist der Neoliberalismus, der die gegenwärtige Form des Wohlstands ermöglicht.

So wie die Welt nur die beste aller möglichen Welten sein kann, springt nun mal nicht mehr raus mit Utilitariers größtem Glück der größten Zahl, das eben immer nur das größtmögliche ist. Da geht’s nicht um Gleichmacherei und Pöbelherrschaft, da geht’s um die Möglichkeit von Einzelexistenzen.

Logischerweise siebt sich da immer ein bestimmter Prozentsatz aus. Solange eine Gesellschaft sich entscheidet, die Demokratie nominell noch mitzuschleppen, muss man sich mit Sachen wie Meinungsfreiheit und einer gewissen Entlohnung der dienenden Klassen herumschlagen.

Jetzt sollen in einer Hochburg des Feudalismus, ganz buchstäblich einer ihrer allerhöchsten Burgen, nämlich Schloss Neuschwanstein, laut “Bild-Zeitung” gleich mehrere “schwarze Party-Kassen” aufgeflogen sein. Woandersher verlautet etwas aufgeschlüsselter, es sollen nach Ladenschluss, wenn es Nacht ward über Füssen, noch Fremdenführungen stattgefunden haben – der Japaner schläft nicht –, bei Mondschein und so, wie beim alten Ludwig — dem Zweiten, dem von Bayern, nicht dem Vierzehnten von Frankreich, dem aber sein untergebenes Kroppzeug genauso auf den parfümierten Seidensenkel gegangen ist.

Die Sonderführungen wurden mit zwanzig Euro entlohnt. In bar. An den Fremdenführer. Ausdrücklich gegen Quittung. Zwanzig Euro. In bar. An den Fremdenführer, die korrupte Sau.

Falls da nicht noch mehr auffliegt, was ich nicht verstanden hab, halte ich einen wöchentlichen Extrazwanziger für Überstunden nicht für “Untreue und Betrug in besonders schweren Fällen”, sondern für einen besonders frechen Vorschlag für ein Trinkgeld. Aber ich hab ja bloß nicht verstanden, was da noch alles auffliegen wird, und wenn ich nicht selber so ein Bauernopfer wäre, sondern eine “Rarität im Allgäu mit unverbaubarem Traumblick auf Hohenschwangau” zu unterhalten hätte, würde ich bestimmt auch ganz anders reden.

Ungemein spätromantisch: das Bild, wie ein abgeschuftetes, leergequasseltes, für heute wieder ausreichend gedemütigtes Fremdenführermauserl noch im Uniformröckchen nach getaner Tagesabrechnung nach Mitternacht endlich auf ihrem antiken Damenrad den Berg nach Füssen runterklappern darf, den sie zum Dienst in fünfeinhalb Stunden wieder rauf muss. Gewissenlos bereichert um zwei speckige, in der Mitte mit Tesafilm geklebte Zehner, gegen Quittung. (“Mein Gott, wenn Ihn’ die Rechnungsadresse zu schwierich is, lassenses ebmt wech, wir wolln hier nich die Nacht verbring’, nich wah, ha, ha, ha…”)

Seit Jahren soll das so gegangen sein, früher wären das 39 Mark 12 gewesen. Nächste Woche an dieser Stelle berichten wir dann, worin der Skandal eigentlich liegt. Vielleicht.

95 Jahre Gefreiter a. D. Josef Schwejk

Heute vor hundert Jahren: Da war grade Julikrise. Haben ja unter ihren Pickelhauben irgendwie die Zeit rumbringen müssen, nachdem sie am 28. Juni den Franz Ferdinand in seinem Automobil erschlagen und am 28. Juli Serbien richtig den Krieg erklärt haben.

Das hat sich dann hingezogen bis 1918. Der Salon-Eisenbahnwaggon in Compiègne, in dem sie den Waffenstillstand unterschrieben haben, steht da noch auf einer Waldlichtung. Sollte erst nur 36 Tage dauern, der Stillstand, danach hat sie’s schon selber genervt.

Der Waggon wird bestimmt bis heute aller Monate von einer kittelschürzigen femme de menage mal nass durchgewischt. “Krieg is nur für reiche Lajte”, sagt Schwejk, und am Schluss im Kelch: “An diesen Krieg werd’ ich noch wochenlang denken.”

Wenigstens sind wir die Gedenkfeiern schon gewöhnt, wenn am nächsten achten Mai der Zweite Große Krieg siebzig Jahre aus ist, und dann darf gern endlich Ruhe sein mit dem Kriegsgetümmel. Am besten für immer und überall.

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