Türschild Geschäftszeit Antiquariat Hauser, Schellingstraße 17, München

Die Stunden verrannen unmerklich, und noch immer schritt ich mit hungrigen Augen prüfend von Regal zu Regal, als ich in einer Ecke einige grosse, eben erst geöffnete Kisten erblickte und bei ihnen den Buchhändler, wie er sorghsam Band um Band heraushob, aus der Papierhülle befreite, aufmerksam die für seine Kataloge erforderlichen Angaben notierte und nach kurzerm von jahrelanger Übung zeugender Überlegung, rasch und sicher neben jedes Buch seiner Liste den Preis setzte. Ich trat hinzu und fragte nach Herkunft und Inhalt der Sendung; worauf er mir, mich mit den alten klugen Augen ansehend, vertraulich und wie einem Eingeweihten seine Auskunft erteilte. Die Bücher kamen aus Upsala und enthielten in bunter Reihenfolge Werke von Holberg und Sars, seltene Nachdrucke älterer deutscher Dichter wie Fouqué und Wieland und ganze Reihen von Öhlenschläger Ausgaben und Übersetzungen. Ich griff nach dem nächsten Stapel und sah eine Ausgabe der Werke von E.T.A. Hoffmann in 10 Bänden, Berlin, 1827–28 in entzückenden grünen Einbändenmit goldenem Rückenschildchen; ich hatte zufällig den Band herausgegriffen der die “Prinzessin Brambilla” enthielt mit ihren Kupfern nach Jacques Callot, den phantasstischen Masken und ihren seltsamen Tänzen, und dachte der Stunden, da ich zuerst bei sommerlichem Lampenschein die Erzählungen des Kammergerichtsrates las und in ihm den großen Zauberer und Dichter verehren lernte.

Arno Schmidt: Die Insel, 1937, Einleitung,
in: Bargfelder Kassette 1, Juvenilia.