Im Münchner Umland zwischen Aschaffenburg und Berchtesgaden sind ja immer noch Sommerferien. Wovon eigentlich? Münchner Kinder sind dermaßen blitzgescheit, die erkennen schon Satire, bevor in Latein Aristophanes und Juvenal dran waren.

Zeigt gestern an der Ampel so ein Zwergerl auf eine der Wahlwerbeparodien der Piraten und liest seiner Mutter vor: “Stell dir vor, du wirst gefragt.”

Überlegt.

Überlegt so lange, bis Grün wird.

Und fragt seine Mutter beim Loslaufen: “Mama, warum lacht die Frau auf dem Bild so? Die weiß doch gar nix?”

Das Medium des Straßenplakats mag als Vehikel des politischen Kabaretts noch nicht ganz ausgereift sein — aber auf so ein Publikum hat es gewartet.

Neulich im Bus: Eine sichtlich Bogenhausener Frappuccino-Mutter (“Latte?! Ist doch sowas von 2012 und hat außerdem schon damals in die Hose gehört, Schätzchen!”) fährt mit ihrem Vorschulbengel ausnahmsweise mal “mit dem Öffentlichen”, um ihn schon vor dem ersten Schultag damit zu konfrontieren, dass durch mindere Geburt benachteiligte Menschen ihren Neid oft auf sehr verschiedene, subtile oder verletzende Weisen zum Ausdruck bringen, aber auch über eine gelegentlich liebenswerte, volkstümliche Lebensart verfügen. Darum hat sie ihm am Goetheplatz seinen ersten Cheeseburger spendiert.

Der Münchner Luxusbub kommt nicht ganz zurecht damit, dass so ein Bus deutlich mehr schwankt als ein SUV, obwohl er doch viel größer ist. An einer roten Ampel kommt er endlich dazu, seinen Cheeseburger anzubeißen.

Überlegt.

Überlegt so lange, bis Grün wird.

Und hält seiner Mutter beim Losfahren die angebissene Semmel hinauf: “Mama, das ist mir zu umami!”

Thinktank München. Unsereins zugereiste Frankenbeutel kommen da ja gar nicht drauf. (Mama hat den Cheeseburger dann übrigens recht verständnisvoll in sein Einwickelpapier fast wieder originalverpackt und in Silberhornstraße auf ihrem Sitz liegen gelassen, auf dass der Pöbel, der noch auf “den Öffentlichen” angewiesen ist, an ihrer Huld teilhabe.)

Auf dem Oktoberfest, das unweit des Goetheplatzes gerade aufgebaut wird und wahrscheinlich an die Oktoberrevolution erinnern soll, die ebenfalls nicht im Oktober stattfand, treffen sich jedes Jahr einige Millionen Demonstranten aus aller Welt, um auf ihre besondere Dummheit hinzuweisen und dadurch die allgemeine Bildungsmisere anzuprangern. Allein in München besteht der PISA-Schock darin, dass man möglicherweise nach dem Abi nur ein Stipendium für eine andere Elite-Uni erhält. Zeit, dass die Schule endlich wieder losgeht, ist nur, damit man sich wenigstens am Vormittag vor den ganzen Brainies nicht so genieren muss.

PS: “Neulich im Bus”, ha! So viele Jahre hat’s gebraucht, bis wir durch die sinnhafte Verwendung solcher SEO-Elemente ein vollwertiger Weblog werden. Vielleicht fotografiere ich ja sogar irgendwann unser Essen.