Cover Das Wirtshaus an der LahnDie Melodie kennen Sie von Slime, die sich 1992 auf der Viva la Muerte (nur auf der LP!) redlich um zeitgemäße Saufromantik bemühen, aber ein paar Textstellen verwenden, wie wir sie bewusst meiden sollten: Mit “Unser Orden ist verdorben” ruinieren sie die Aktualität wieder, die sie mit der Instrumentierung reingebracht haben — aber zum Gewöhnen ist die Version gar nicht schlecht. Zum Übernehmen hören Sie deshalb lieber Peter Rohland zu: auf Landstreicherballaden, 1996. Schnell, unkompliziert und ästhetisch unaufgeregt ist sie dem etwas struppigen, aber höchst brauchbaren instrumentalen Video von Mr. Gammler entnommen. Bei den Akkorden kommen Sie zurecht mit C/a//C/F//C/G//C, also dem, was sich von selbst ergibt. Nicht so zaghaft.

Aus dem im Überfluss bekannten Strophenmaterial hab ich zu Lichtmess aus dem Reiselied eine Version konstruiert, die geographisch Sinn ergibt und jetzt auch zum 1. Mai taugt. Für den Vortrag vor einem Publikum mit eher peripherem ethnologischem und archäologischem Interesse, mit dem man sich weder zur Lach- noch Schnarchnummer macht, ich denke da klassischerweise an Lagerfeuer, empfehlen sich die Strophen 1 bis 5, anschließend erst wieder 21 bis 24; neun Strophen reichen vollauf. Lassen Sie im Zweifelsfall lieber noch 21 und 24 weg und stiften Sie die Leute im Refrain zum Mitgrölen an, dann kann sich keiner beschweren. Das gibt einen aufmüpfigen, schön antiquierten Text auf eine unentrinnbar schmissige Melodie, mit dem man bei den Mädels punkten kann. Bei den richtigen jedenfalls. Das war ein Tipp, Jungs.

Verlinkt sind Stätten der Einkehr, die wir freiwillig aufsuchen würden. Manche wurden am lebendigen Leib getestet. Prost.

 

Reiselied

1.: Lustig, lustig, ihr lieben Brüder,
nun leget all eure Arbeit nieder
und trinkt ein Glas Champagnerwein.

Refrain: Denn unser Handwerk, das ist verdorben,
die besten Saufbrüder sind gestorben,
||: es lebet keiner mehr als ich und du. :||

2.: Auf die Gesundheit aller Brüder,
die da noch reisen auf und nieder,
die sollen unsre Freunde sein.

3.: Und sollte wirklich noch einer leben,
so soll der Meister ihm den Abschied geben,
denn er macht ihm das Leben sauer.

4.: Weg mit dem Meister, mit all den Pfaffen,
ja Kaiser, König soll sich raffen:
Weg, wer da kommandieren will.

5.: Als wir durch deutsche Lande zogen,
haben wir so manchen Wirt betrogen,
doch seine Tochter war uns gut genug.

6.: In Lübeck hab ich es angefangen,
nach Hamburg stand dann mein Verlangen,
das schöne Bremen hab ich längst gesehn.

7.: Wie auch Celle, Hannover, Minden,
dann wolln wir auf dem Rhein verschwinden
wohl nach dem alten heil’gen Köln.

8.: Wir wollen auch noch Bonn besuchen,
in Bingen gibt’s zum Wein auch Kuchen,
bei Mainz, da fließt der Main in’ Rhein.

9.: Frankfurt am Maine hab ich gesehen
der Herbergstochter mußte ich gestehen:
Der letzte Heller will versoffen sein.

10.: In Mannheim wolln wir unser Glück probieren,
nach Karlsruh soll uns der Weg dann führen,
so kommen wir ins Elsaß rein:
In Straßburg gibt es guten Wein.

11.: In Freiburg geht’s nicht lang logieren,
wir wollen in die Schweiz marschieren,
nach Basel, Zürich und bis Bern.

12.: Nach Thüringen möcht ich hinein,
in Jena, Erfurt, Weimar sein
und auf der Wartburg kehren ein.

13.: In Königsbrück hat mir’s gefallen
die vielen Töpfer hier vor allem,
die Scheiben drehn sie, drehn und drehn.

14.: Was warn die Töpfer für Gesellen,
hörten sie nachts die Hunde bellen
so fraßen sie die einfach auf.

15.: Wie auch in Leipzig, Dresden, Sachsen,
wo all die schönen Mädchen wachsen
wohl in dem schönen Rosenthal.

16.: Dann wollen wir uns aufs Schifflein setzen
und unser junges Herz ergetzen,
wir fahrn die Elbe hinab zur See.

17.: Nun Schifflein, Schifflein, du musst dich wenden
und dich hin nach Riga lenken
wohl zu der russischen Seehandelsstadt.

18.: Und auch in Polen ist nichts zu holen,
als ein Paar Stiefel ohne Sohlen,
ja nicht einmal ein Heller Geld.
[alt.: von dort kommt man nicht ungeschoren,
in Danzig fängt die See schon an.]

19.: Nun wollen wir es noch einmal wagen
und wollen fahren nach Kopenhagen
dort zu der dänischen Residenz.

20.: In Bergen regnet es große Tropfen,
getrunken wird hier aus Malz und Hopfen,
korngelb gebrautes nordisch Bier.

21.: Und wer dies alles hat gesehen
der kann getrost nach Hause gehen,
und nehmen sich ein Mägdelein.

22.: Ich hatte manchen blanken Gulden,
heut hab ich jede Menge Schulden,
doch einen Humpen für der Seele Ruh.

23.: Schlagt ein die Fässer, lasst es laufen,
wir wollen heut noch einen saufen,
ja solches Himmelreich ist nah.

24.: Darauf wollen wir lustig saufen,
schöne Mädchen wollen wir uns kaufen,
ja das soll unser Handwerk sein.

Bild: LPCD Hamburg.