Wer kennt das nicht als Anbieter, das Referenzen-Problem. Und wenn man was mit Bier gemacht hat, und das waren Plakate, reicht das nicht, denn man will sehen, ob man auch Prospekte zu Bier gemacht hat (Nein, wir haben leider "nur" Prospekte zu IT und Hightech, blöd aber auch…)

Wichtig ist wirklich, aus dieser if-Schleife auszubrechen:
if: keine Kunden/Arbeitgeber = true, dann keine Referenzen,
if: keine Referenzen = true, dann keine Kunden/Arbeitgeber.

Daher muss man was selber bauen. Man kann nicht: Warten, bis Auftraggeber freier werden in der Annahme, dass man schon Bierprospekte können wird, wenn man zwar Bierplakate kann, aber "lediglich" Hightech-Prospekte gemacht hat. (Komisch, als Agenturangestellte ging man mit uns aber so um: Wir mussten ständig Sachen machen, die wir vorher noch nie gemacht hatten. Es war Alltag. Die Agentur punktete nach draußen immer mit den Spezialisten, die sie angestellt hätte, aber in Wirklichkeit war das Agenturleben dauernde Generalprobe. Keine Aufgabe war der vorangegangenen ähnlich, wir angestellte Kreative aber haben das gewuppt. Und zwar sehr gut, sonst hätte es uns derbröselt und wir wären gefeuert worden. Das dazu.)

Das wird aber in diesem Jahrhundert nichts mehr bei vorsichtigen und zögerlichen Mittelstandskunden.

Die bei einer Agentur kaum hinterfragen, aber einem kleinen Designer gegenüber sehr wohl alles hinterfragen, der ohne Agentur im Hintergrund arbeitet, aber komischerweise aus einer solchen kommt und lange Jahr dort diente. Sie brauchen Beweise zu ihrer Absicherung bis zum Abwinken. Ich verstehe das nur bis zu einem gewissen Grad, manchmal wird mir übertrieben. Sie denken dazu auch nicht in Kreativität und Expertise, die sie gedenken zu bezahlen, sondern stur in Werbemitteln und ihrer technischen Beherrschung. Beispiel: Man braucht eine neue Website. Statt sich Gedanken zu machen, was sie geschickterweise kommunizieren soll, macht Kunde sich Kopfzerbrechen über den Navigator (der soll "ausklappen"; dabei können das nicht alle Browser gleich gut, mit der Validität ist das auch so eine Sache, aber nee. Dabei hat das dazu  die Wichtigkeitsrangliste wie Strähnchen vom Friseur, wenn der Schnitt rausgewachsen ist und nicht mehr passt. Nämlich ganz hintendran. Kriegste aber aus Kunden nimmer raus. Also mach ich ihm das. Ich mach mittlerweile alles, auch PHP-Kram, obwohl ich das gar nicht will: Dafür und für Datenbanksachen und Installationsarbeiten auf dem Server hole ich in der Regel Spezialisten, IT- und Scriptmenschen. Besser ist das, aber zahlen wollen viele Kunden es einem dann doch wieder nicht. Wenn ich das aber selber mache, ist das wohl dann kostenlos, nee, kann nicht sein, oder?)

History:

Ich kenne diese if-Schleife ebenfalls sehr gut, damals als ich mich
vor 8 Jahren selbständig gemacht habe.

Ich hatte zwar Referenzen (tolle klassische Kampagnen und TV), aber die interessier(t)en den Mittelstand, den ich addressieren musste, weil ich durch meine kleine Größe nicht mehr an große Unternehmen kam, einen Papp, nicht. Der wollte: Kleinkram, Prospektchen, Flyerchen, Websitechen. Bitter.

Und das hatte ich nicht. Und wenn, hatte ich das weggeschmissen, da es mir nicht relevant erschien, um Kreativität abzubilden. Das muss man sich mal vorstellen!

Musste ich also zum Teil alles erst mal selber erstellen ohne Auftraggeber. Scheiße und dämlich sowas. Ich habe geflucht. Der Gründermut ging da auch manchmal gefährlich in die Knie. Ein Unternehmensberater empfahl dazu allen Ernstes, wir müssten groß werden (das bedeutete mords große Bankkredite, alldas), sonst bekämen wir keine großen guten Auftraggeber.

Überzeugte mich nicht, denn ich wollte nicht mehr das, was ich bereits zu gut kannte: Projekte steuern, Kreative steuern, großes Satzstudio aufbauen, vor allem: den Bankkredit bedienen. Das sind mir zu viele Geld-Herren über mir und zu viele, möglichweise weniger Motivierte, unter mir. Hatte ich jahrelang und das wollte ich doch grade nicht, durch die Selbstständigkeit abbauen. Was ich wollte, war:

mein eigener Herr sein!

Und endlich gute Sachen machen, zu denen ich stehen kann. In Zeiten, in denen verzweifelt entfremdete Arbeit, Work-Life-Balance und Zeitmanagement unter gestressten Angestellten diskutiert wird, eine tolle Sache.