WOYZECK. Wir arme Leut. Sehn Sie, Herr Haupt mann, Geld, Geld. Wer kein Geld hat. Da setz eimal einer seinsgleichen auf die Moral in die Welt. Man hat auch sein Fleisch und Blut. Unseins ist doch einmal unseelig in der und der andern Welt, ich glaub' wenn wir in Himmel kämen so müßten wir donnern helfen.

Georg Büchner, ca. 1836

Leiden ist jetzt mein Geschäfte
Andres kann ich jetzt nicht thun
Als nur in dem Leiden ruhn.
Leiden müssen meine Kräfte

Leiden ist jetzt mein Gewinn
Das ist jetzt des Vaters Wille
Den versteh ich sanft und stille
Leiden ist mein Gottesdienst

Gott, ich nehms aus Deinen Händen
Als ein Liebeszeichen an,
denn in solchen Leidenschaften
Willst Du meinen Geist vollenden.

Wer allein im Fleische leid't,
Wird errettet von den Sünden,
so den Körper oft entzünden,
und an seinem Geist erneut.

Drum so weiß ich festiglich
Ich mag leben oder sterben,
dass ich nicht mehr kann verderben,
denn die Liebe reinigt mich.

Maria Michels, 29. September 1832

Kennen Sie glückliche Menschen? Ich kenn nur ängstliche.

Wenn man fragt, warum auf der Welt etwas passiert, muss man einfach nur gucken: Wer verdient daran? — Sind Tiere beteiligt? Dann geht es um Reproduktion. Sind Menschen beteiligt? Dann geht es um Geld.

So einfach, dass es nervt. Komplizierter wird's aber nicht.

Nun unterscheiden wir zwei Sorten Menschen: solche mit Geld und solche ohne Geld. Dass letztere nicht glücklich, sodern ängstlich sind, sehen Sie ein. Dass erstere aber ebenfalls nicht glücklich, sondern ängstlich sind, klingt gefährlich nach Gutmenschenbinse: "Geld macht nicht glücklich", "Besitz belastet" und ähnlichen Faschistenparolen.

Stimmt trotzdem. Ich hab lange überlegt, ob ich es überhaupt so öffentlich sagen soll, aber es führt kein Weg daran vorbei: Reiche Leute sind nicht glücklich. Das Beruhigende ist: An Amnesty spenden hätte nichts genützt, Armut ist nämlich mindestens genauso scheiße. Es herrscht eine große Verschwendung an Lebensglück in der Welt.

Bleiben wir im Bild und fragen uns, wem die Angst nützt: Wer verdient daran? Jemand, dem lebenslänglich himmelangst ist, dass er verarmen könnte. Diese Angst kann er in sich einsperren, das ergibt Depression und allgemeines Rundumversagen, oder er kann sie an andere weitergeben, das gibt Geld. Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Menschen Sätze wie "Ich übernehme keine Gewähr für die Rechtssicherheit und Einhaltung der Gesetze auf allen von hier verlinkten Internetseiten anderer, ebenso nicht für Seiten auf die von den verlinkten Seiten gelinkt wurde oder aber auch für Seiten, auf die von verlinkten verlinkten Seiten, die hier verlinkt sind gelinkt wird" freiwillig auf ihre Websites schreiben. Sondern weil sie etwas oder jemanden fürchten. Und zwar den Verlust von Geld.

Was dagegen hilft? Nun, Sterben wäre die eine Lösung. Die andere: Leben. Leben hat man nur eins, weil wir hier unsere Avatare nicht in der World of Warcraft rumsteuern, man sollte es also eifersüchtig ausnutzen. Also erst schießen, dann fragen. Bei Rückfragen nochmal schießen. Keine Musik hören, sondern Musik machen, das ist dann sowieso die schönste. Zehn hanebüchene goldene Regeln ausdenken und befolgen. Nur noch tun, was Sie interessiert, aber vor allem: Tun Sie es. Alle Gegenstände Ihres Haushalts, die mit einem kleinen i anfangen, den Armen spenden, vor allem den geistig Armen, die stehn da drauf. Tun Sie lieber irgendwas als gar nichts, man weiß ja auch nicht, was Aristoteles morgens um vier getrieben hat. Dann sind Sie wenigstens beschäftigt und dann lachen Sie darüber, dass Sie je an Sex und Geld interessiert waren.

Schwierig? Ach was. Gewöhnungssache wie alles andere. Wo ich Sie gerade so schön motiviert hab: Als Anfang gewöhnen Sie sich endlich das Bloggen ab. Yippie yeah.

Soundtrack: Paul Young: Love of the Common People (mehr Mädchenchor zum Grinsen in der Extended Version), aus: No Parlez, 1983.