Skizze_2

(Bild: flüchtige Ideenskizze für einen Header)

 

Das am meist missbrauchteste Wort neben “Kreativität” ist für mich heutzutage “Design”. Der Unfug mit Design war nicht immer so, aber Jeder macht inzwischen “Design”. Powerpointgestalten, Hausfrauen aus dem schmückenden Fach für ihr Ibsen-Puppenheim (zweitliebstes darstellendes Hobby neben Möbel Umstellen, was den heimkommenden Ehemann überzeugt in den Pub treibt: Im Pub ist der Tresen immer da wo der Tresen ist, und nicht plötzlich links, statt gestern rechts oder am Eingang statt hinten, stolper, aua).

Wieso zur Hecke habe ich Design studiert.
Keine Furcht, das wird kein Befindlichkeitsblog, auch bin ich nicht in einer Schaffenskrise. Mir geht es um Wortklauberei. Bin nur Lateiner – und designare sagt (be)zeichnen.

Ja, ich war und bin Zeichner, eigentlich. So habe ich angefangen und es war ein großer Teil meines Lebens, seit ich klein war. Ich war ein ruhiges Kind, betrachtete die Eisblumen am Fenster und den atemberaubenden Morgennebel am Fluß. Diese konnte ich noch nicht zeichnen, denn es war zu komplex, aber es war wunderschön. Mir fehlten mit vier dafür die Worte, daher wohl der Ehrgeiz, so etwas Schönes irgendwann doch ausdrücken und mitteilen zu können. Mir ging es ums (Mit-)Teilen von Schönem. Meine Schwestern waren da weniger kontemplativ und sharing unterwegs und so entging ihnen die Bedeutung des silbrigen Schimmers.

Fenster

(Quelle: http://www.szm.ch/beitraege/eisblumen.asp)

Ich habe mit sechs alles gezeichnet, was mir vor die Flinte kam: Eichhörnchen, Blumen, Menschen am Tisch. Und stolz den Eltern präsentiert. Das Echo war recht durchwachsen, vor allem wurde bemängelt, dass Tisch und Stühle unten am Papierrand klebten und die Männchen kubistisch herumschwebten. “Was soll denn das sein?” (Böser Erziehungsfehler. Moderne Eltern haben ihre Kinder für jeden Malausbruch zu loben.) Ich war empört, es war doch klar, was es ist. Ich hatte gleichzeitig wenig Bock, das umzuzeichnen (heute würde man sagen: Ich stand dazu) und Revolutionsgeist, also schrieb ich wütend dazu, was es verdammt noch mal war: Familie beim Abendbrot. Ging noch mal hin und legte energisch vor, die Hände verschränkt: “Da!!!”

Be-zeichnend. Seitdem ließ es mich nie wieder los, etwas auszudrücken, damit andere das verstehen. Und wenn es nicht ohne Worte ging #*~*^°’** dann eben mit Worten.

De-sign ist für mich mehr als “Entwurf” (engl. für design), es ist gezeichnete, bezeichnende Kommunikation. De-sign ist: Zeichen setzen. Es ist jedenfalls mehr als blanke Dekoration, mehr als Rüschen, mehr als transparente Hemdchen mit durchscheinenden Brustwarzen auf dem Catwalk. Mehr als einen Stein nett in eine Fassung einlegen. Design ist: etwas sagen. Verstehen Sie, was ich sagen will?

Der Rebell ist geblieben. Der kleine Layouter, frisch aus dem Studium geschlüpft, bekam seinen ersten ernstzunehmenden Job, nicht indem er Zeugnisse, Referenzen und Diplom vorlegte, sondern weil er nächtens während unterstützender figürlicher Copymarker-Layouts (schöne, sich im Schaufenster spiegelnde Damen) für einen Pitch die drei hochdekorierten Frankfurter Konzeptionstexter anmeckerte, sie sollten sich in ihren Headlines doch pidde auf ein gemeinsames Wort für ein- und denselben Sachverhalt einigen. Das würde den Leser durcheinander bringen, außerdem hielte ich diesen verwirrenden Textunfug selber nicht mehr aus. Mei, es 23 Uhr und ich wollte nur nach Hause zur Tochter und meinen Miezen.

2 Tage später war ich fest angestellt. Beworben hatte ich mich dort nie.