Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Juni 2006

Das singen die anderen: Oh Say Can You See?

Was sich die Deutschen nur über ihr eigenes Lied so aufregen? Die Amerikaner, sprichwörtlich unbefangen in der Zuneigung zu ihren Liegenschaften, singen seit 1814, offiziell seit 1931 voller Stolz:

The rocket’s red glare,
The bombs bursting in air
Gave proof thro’ the night
That our flag was still there.

Da möcht ich uns mal hören: eine Industrienation, die sich mit einem Sauflied identifiziert, in dem Bomben und Granaten fliegen.

Und wenn der Amerikaner 1931 doch lieber was anderes genommen hätte – zum Beispiel den Yankee Doodle, in dem er sich selbst als trim and tall and never overfat und nimble as a rat beschreibt? Dann könnte er sich heute die ganzen Prozesse um zu schmale U-Bahnsitze sparen.

Birlik, adalet ve özgürlük

Daran hätten Jung von Matt beizeiten denken sollen, wenn sie sich schon die Werbung für ein ganzes Land aufhalsen: dass die Nationalhymne irgendwie… naja, so… national eben… klingen könnte.

Von wem man sich das sagen lassen muss, ist eine wackere Handvoll Bildungsbürger, verständlicherweise genervt von der Fußballweltmeisterschaft.

Was man für Zufall, Bestimmung oder ein ohnehin in der Luft liegendes Thema halten kann: Gleichzeitig mit der viel gelobten Deutschland-Kampagne sind die ÖsterreicherInnen drauf gekommen, dass ihre Hymne, obwohl von einer Frau geschrieben, frauenfeindlich ist und man sie deswegen bei Gelegenheit ändern könnte. Vollends untypisch: Sogar die Schweizer wittern was im eigenen Land.

Meine Rede seit Jahren, auch wenn von Nationalismus nicht viel übrig bleibt, wenn man die Geschichte nachliest: Die Melodie unserer Hymne stammt von einem Österreicher; übernommen hat Deutschland sie erst, als sie von Österreich abgelegt war, und dann darf man nur die eine Strophe singen, die sowieso keiner versteht. Gerne auch türkisch.

Die Kinderhymne von Brecht wär’s gewesen. Mit dieser Ansicht finde ich mich sogar in unerwartet guter Gesellschaft. Keine Angst, dieses entwaffnend hübsche Kinderlied ist ideologisch unverdächtig: Das hat die frühe DDR schon mal abgelehnt.

Wozu hat man wohl eine ganze Kindheit lang jedes Weihnachten, das der Herrgott werden ließ, tapfer alle Sissi-Filme durchgehalten? Alles, um solche Sachen nicht zu wissen? Dass ich später Germanistik auf Magister und nicht auf Lehramt studiert hab, liegt unter anderem daran, dass ich den Zehnjährigen mit Migrationshintergrund meine Erklärungsversuche ersparen will, was denn ein “Unterpfand” ist.

Und wo wir schon dabei sind: Die deutsche Flagge ist ja wohl auch ein Witz. Das Schwarz und Rot nebeneinander war von Anfang (1816) an ein heraldisches Unding. Schönes und nützliches Design, wie the missing link es vertritt, wäre was Ausgewogenes in Rot und Weiß. Franken, Dänemark, die Schweiz, Polen, Kroatien, Preußen, Japan und – schon wieder – Österreich verwenden auch nichts anderes und fahren sehr gut damit.

So, wie es jetzt ist, verwechselt uns alle Welt dauernd mit Belgien, und ist Ihnen klar, was Sonderfarbe Gold im Druck kostet?

Ich wette, die Produktion bei Jung von Matt weiß es.

Supergenialer Spot

Aaaaahhh! Scheißegut. Auch für Schnorchel- und Skuba-Fans. Die Socken! Die Socken! Ich fühle mich jasooo verstanden.

Und ob sich da bei mir Idee UND Produktmarke merken lassen.

Hab vor wenigen Wochen mühsam eine Steppdecke in die meinige
reingekrüppelt, immer in der verblödeten Hoffnung, sie schleift nicht
an der Gummierung (hab da schon mal eine teuere regelrecht
“verbrannt”).

Have fun.

Quelle: https://www.filmportal.de/film/ariston-washing-machine_26b5392db3b1470e8b8b01e3cc11ca25

 

 

Die Kosten des Fliegens. Was überhaupt Dinge kosten.

Ganzganz kostenlos (wir wissen: wat nix kost’, dat is auch nix…) waren einst nur die Flugangebote in www.kostenlosfliegen.de. Dieses Geschäftsangebot existiert nicht mehr. Da ich den Slogan eines Feuerbestattungsinstituts im Münchner Westend kenne: Die & Fly!, rate ich zu einer gesunden Grundparanoia bei 0-Euro-Angeboten generell und They’ll-never-come-back-Airlines im Besonderen.

Alles eine zugegeben hübsche Luftnummer

 

Werbekosten sind nicht ohne. Luftnummern sind jedoch relativ leicht zu durchschauen.

Eine sehr gute Möglichkeit, einzuschätzen, was gegenwärtig an Agenturhonoraren gezahlt wird, ist es, den www.werbecheck.de aufzusuchen. Darin gibt es zum Download die Rotstiftausgaben, mit einem leicht zu verstehenden Punktesystem nach Fachgebiet, Schwierigkeitsgrad der Arbeiten und Agenturgröße sortiert.

Man muss dort nicht die ganze CD oder den ganzen Download kaufen für sagen wir mal 40 oder 60 Euro wie bei der AGD, sondern kann ganz bequem gezielt und daher  preisgünstiger herausfinden, was z. B. derzeit bei Druckkosten so anfällt. Oder beim Broschürendesign. Jeweils um die 4- 8 Euro, je nach Umfang. Auch über Webdesign, Messebau oder Corporate gibt es einen kleinen Honorarkatalog für etwa diesen Betrag. Es sind immer Paketpreise, die in den Listen aufgeführt werden.

Auf die Benennung und Auspreisung der Einzelpositionen sollte man aber als Kunde auch bei Paketpreisen bestehen, damit man weiß, was man warum geliefert bekommt. MISSING LINK macht das zum Beispiel so.

Unsere Kostenvoranschläge sind detailliert und bieten pro Einzelposten (z.B. Textkonzeption) zur Auswahl eine Basis-Version, eine mittlere Version und eine “Luxusausführung” mit größerer Auswahl an Kreativtextentwürfen an. Der Kunde wählt aus – es ist wie beim Autobestellen, willst du ein Sonnendach dazu: ja, nein, abbrechen. Uns macht das Arbeit, über manche detaillierte Kostenaufstellung für ein individuelles Angebot sitze ich schon mal bis zu 2 Stunden.

Bis jetzt waren alle zufrieden, und das ist das Wichtigste.

Also liebe Kunden, noch einfacher wird es jetzt nimmer, dem Designer und Texter deines Vertrauens auch honorarmäßig zu trauen.

 

 

Alles wird einem abgenommen.

Trinkende Geräte

Wir
scheinen, Geräte immer mehr zu finden bezogen auf Bier und dem Trinken.
Da das Trinken eine Tätigkeit ist, scheint jeder an CG, uns zu genießen
dachte, daß es nur vernünftig war, einen trinkenden Gerätabschnitt zu haben.
Aus: http://www.coolest-gadgets.com/lang/de/category/drinking-gadgets/

Genau. Voll vernünftig, das Saufen den Geräten zu überlassen.

Jetzt bin ich gespannt, was diese Site, die in verschiedensten Sprachen die coolsten Teile des Universums bewirbt, mir erzählt, wenn sie die neueste Übersetzungssoftware anpreist. Ob sie diese Nuss knacken?
Bis dahin empfehle ich Werbekunden ein freundliches fast zwei Meter langes Gadget auf zwei Beinen, welches Hirns genug ist, den Akkussativ vom Dativ, die Verlaufsform von der Eigenschaftsform zu unterscheiden. Zum Beispiel the friendly wolf, "Gerätabschnitt" von the missing link. He will wolf down your translations, if you hold the wolf by the ears. Darauf einen wolf whistle.

Texters Nähkästchen, Part 1106

Was den aufgeschlossenen Werbekunden immer am meisten beschäftigt: "Woher nehmen Sie eigentlich Ihre Ideen?"

Das verstehe ich gut: Ich will ja auch wissen, wo die Sachen, die ich so konsumiere, herkommen.

Dabei ist das Problem weniger, ums Verrecken auf irgendeine Idee zu kommen. Das Ergebnis einer Ideenfindung steht im Briefing, und wenn nicht, muss sie da erst noch rein. Entweder der Kunde bringt schon mal eine mit, oder ich befrage das Produkt, bis es eine rausrückt – und zwar so, wie es sich gehört, und nicht mit zeitraubenden Kreativtechniken. Das Problem ist vielmehr: eine gehabte und für gut befundene Idee durchzuhalten. Wir sind ja hier nicht bei der Avantgarde.

Wenn ich selber eine Idee hab, schreib ich ein Drehbuch und erkläre meinerseits einem Filmproduzenten, was die Idee daran ist – und zwar in nicht mehr als zwei Sätzen; mit Strichpunkten tricksen gilt nicht.

Wenn ich keine Idee hab, werde ich Peter Handke, lehne im letzten Moment, den der Anstand zulässt, den Heinrich-Heine-Preis ab und verbreite Sachen wie: "Der Nachteil bei großer Literatur ist, dass jedes Arschloch sich damit identifizieren kann", damit ich einmal im Leben weiß, wovon ich rede.

Bis ich so tief gesunken bin, zeige ich ein Minimum an Respekt vor meinen Lesern und halte mich an meine Briefings.

Der eine Fehler

Werbetreibende Kunden, die sich selten und unwillig mit Marketing- und Kommunikationsstrategie beschäftigen, machen damit gern den einen Fehler, und über den sollten sie wirklich nachdenken, und das ist die falsche Reihenfolge:

Sie denken in Methoden und Werbemitteln (das ist leeeeiiiiiider erst Phase 2 oder 3), lassen sich wie die Eintagsfliege spontan 5 Minuten
lang begeistern und verfallen wieder ins Grübeln.

Das ist normal. Passiert jedem, der nicht aufpasst. Einem wahren unternehmerisch Denkenden darf es jedoch nicht passieren.

Viele überspringen das: die Phase 1. Die Strategie. Das ist das Skelett. Das kommt zuerst.

Da sehe ich oft noch nichts in den Briefings. Ihre Muskeln, die Werbemittel, hängen ohne Halt herum und wissen nicht, was tun.

Diese Auftraggeber sagen zwar, sie hätten eine Strategie, ein Ziel. Oft meinen sie damit ihre Geschäftsidee. Das ist jedoch nicht die Strategie.

Darüber hinaus: Möchte ich erfahren, welches Ziel der Werbekunde denn hätte, höre ich oft “Ziel: Broschüre”. Liebe Leute, das ist kein Ziel. Das  wiederum ist ein Werbemittel, mit dem man ein bestimmtes Ziel erreichen möchte.

Wenn man die wirkliche Kommunikationsstrategie (was sage ich und wie sage ich es), und vorher die Strategie das Rückgrat für alles) erarbeitet hat, dann ist auch plötzlich vollkommen klar, welche Methoden/Werbemittel die besten sind. Es wird fließen und… passen.

Panta rhei!

Liebe Eltern,

wo ihr doch nach Mutter- und Vatertag so tapfer den internationalen Tag des Kindes überstanden habt, dürft ihr euch wieder den wichtigen Sachen im Leben zuwenden. Zum Beispiel Fernsehgucken. Überhaupt sollten Kinder schon früh zu kulturellem Schaffen angeleitet werden, sonst hat man nach dem, was man nach dem Fernsehen gemeinhin so macht, den Salat.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit; es war mir ein Bedürfnis.

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