Mir vor dem Monitor herumzustiefeln ist Moritz’ Liebstes.

„So wird das nie was!“ sage ich ihm.

"Was soll denn werden?“ tut er unschuldig und lässt sich auf der Tastatur nieder, um seine Schinken zu schlecken.

„Eine Übersetzung.“ Katzen haben angeblich die Intelligenz dreijähriger Kinder. Mit Kindern soll man geduldig sein.

„Eine Übersetzung muss nicht werden. Eine Übersetzung ist schon etwas. Du machst nur etwas anderes daraus, das nicht zwingend besser sein muss.“

„Du kennst meine Übersetzungen nicht, sophistischste aller Miezekatzen!“

„Müsste ich das? Du hast mir beigebracht, dass bei der Übersetzung immer das Beste verloren geht. Also sei zufrieden mit dem Text, den du hast.“

„Würde ich ja, ich kann ja Englisch. Aber mich bezahlt jemand dafür.“

„Kommt jetzt wieder das Katzenfutterargument, damit du weiter durch deine Glasscheibe gucken kannst?“

„Offenbar das einzige Hobby, das wir teilen.“

„Mein Fenster geht wenigstens auf die Straße. Und mit den Miezen, die ich da sehe, mache ich bessere Geschäfte als du mit deinen.“

Ich muss meine Internet-Verläufe sorgfältiger löschen.

„Das Beste geht nur bei belletristischen Übersetzungen verloren. In Gebrauchsanweisungen bin ich ein As.“

„Willst du Sachen besitzen, für die du eine Gebrauchsanweisung brauchst?“

„Mein Gott, nicht nur Mondraketen haben Gebrauchsanweisungen. Auch Kühlschränke.“ Ich weiß, mit welchen Gegenständen Moritz zu überzeugen ist.

„Und du übersetzt sie? Auf Deutsch?“

„Ich weiß, ich weiß. Mit zwei Wörtern auszukommen ist viel ökonomischer. Es sei dir vergönnt.“

„Ist okay. Solange du nicht belletristisch tätig wirst, schwindelst du wenigstens nicht. Und behauptest dann noch, dass du fürs Lügen bezahlt wirst.“

Die alte Kamelle. „Der Claim meiner Agentur hieß: Truth well told.“

„So viel zu deinem guten Deutsch.“

„Es war eine internationale Netzwerkagentur.“

„Mir egal. Sie stand in Nürnberg. Und ein gnädiges Schicksal soll mir ersparen zu hören, wie ein Franke Truth well told ausspricht.“

„Musst du nicht. Die Filiale hat dicht gemacht.“

„Kein Wunder.“

„Mörchen, mein Mörchen, du ahnst ja nicht, wer alles wähnt, Deutsch zu können.“

„Selbst dazu schreibt ihr Bücher. Übers Schreiben. Ich geh jedes Mal kaputt, wenn ich nur dran denke.“

Das erfolgreichste ist nur mal kurz die Standardwerke durch den Thesaurus gejagt, also krieg dich ein. Dazu ist alles gesagt. Mein Werkzeugkasten steht.“

„Deine ehemaligen Firmen sind ja alle… erloschen.“ Ich wusste nicht, wie süffisant man das aussprechen kann.

„Aber alle erst, nachdem ich raus war!“

„Ich bin stolz auf dich.“

„Heißt das, du verziehst dich an dein eigenes Fenster und ich kann weitermachen? Oder muss ich wirklich erst das Katzenfutterargument ziehen?“

„Na gut.“ Umständlich erhebt sich Moritz von den Tasten, was meiner Übersetzung ein paar interessante Wortneuschöpfungen hinzufügt.

„Werden, werden“, dreht sich Moritz ein letztes Mal um. „Ihr könnt zum Mond fliegen, die schönsten Kühlschränke bauen, ihr baut wirklich delikate Katzensticks und ein paar Bücher und CDs, die selbst mir gefallen. Es reicht euch nicht. Der klügste Mensch muss immer noch irgendwas werden.“ Geradezu angewidert verzieht er sich in Richtung Fensterbrett.

„Und?“

„Eine Katze ist immer eine Katze.“

Das Viech ist mir über.