Wenn du nicht reparieren kannst, was kaputt ist, wirst du verrückt. Hoffnung ist ein Fehler.

Furiosa in: Mad Max: Fury Road, 2015.

Das bayerisch-bairische Volksgut kennt ein ganz und gar durchtriebenes Gstanzl, das geht:

Oans, zwoa, drei,
Oid is ned Nei,
Nei is ned Oid
und Warm is ned Koid,
Koid is ned Warm
und Reich is ned Arm,
Arm is ned Reich —
und olle san ned gleich.

Oans, zwoa, drei,
Boid is ned Glei,
Glei is ned Boid
und Jung is ned Oid,
Oid is ned Jung
und Gscheit is ned Dumm,
Dumm is net Gscheit —
aber des huift ned weit.

Das geht über das übliche, spontan produzierbare Gstanzl hinaus, erweitert aber erkennbar dessen Form und bleibt außerdem ohne echten B-Teil hinter einem voll ausgebildeten Tanzlied zurück. Erst Haindling haben durch ein Instrumental die Gstanzl-Form überwunden, aber das war 1993 und will erst noch Volksgut werden.

Mein innerer Lyriker war immer begeistert, dass so eine abwechselnd semantische und phonetische Engführung — einmal als Antonym, danach versübergreifend als Reimentsprechung — überhaupt auf gleich zwei Wegen funktioniert, die in ein loses, dafür pointiertes Ende hinauslaufen und dabei einer Walzermelodie gehorchen. Nur wer will, kann eine Moral entnehmen, wer kann, hört ein Lachen unter Tränen heraus. Das sind immer die besten Lieder.

Die zweite Strophe nimmt ihre Abzweigung bei allererster Gelegenheit im zweiten Vers — um den Preis, dass “Oid” ein zweites Mal verwendet werden muss, als semantische Variante zu einem anderen Gegensatz: “Jung” statt “Nei”.

Man kann das überstrapaziert heißen, man kann auch daraus lernen: Wörter haben verschiedene Antonyme: Gesund ist nicht Krank — und Krank einfach noch nicht Tot. Ist Krank dann das Gegenteil von Gesund oder von Tot, und vor allem: Gesund von Tot oder von Krank?

Wie weit beeinflusst Sprache die äußere Wirklichkeit oder funktioniert das ausschließlich umgekehrt? Gerade in der Auswahl Gesund, Krank oder Tot gewinnen solche Fragen ein scheußlich virulentes Interesse. Vor allem wenn man seiner besten, flauschigsten, klügsten, liebsten und knapp volljährigen Katze dabei zuschaut, wie sie kaum mehr die Kraft aufbringt, einem im Bett auf den Bauch zu klimmen. Gesund sieht anders aus — “aber des huift ned weit”.

Soundtrack: Übertreiben muss es mal wieder die Biermösl Blosn.