McKinsey hat es jetzt schwarz auf weiß:

"…besorgte sich McKinsey 100 Einreichungen beim GWA-Effizienzwettbewerb Effie 2005, von denen letztendlich aber nur etwa 30 verwendet werden konnten. Als Messgrößen für den psychologischen und ökonomischen Werbeerfolg zog das Forscherteam Erinnerungswerte (Recall) und Marktanteilsänderungen heran. Aus Gründen der Operationalisierbarkeit beschränkte es sich auf TV-Spots. Wichtig dabei: Alle hatten einen vergleichbaren Werbedruck."

(Quelle: W&V print)

Puristen, und davon gibt es viele Unternehmen, die zäh verteidigten, dass kreative Werbung nur der Eitelkeit der Werber diente, müssen in dieser Studie erfahren, dass dem nicht so ist.

"Grundsätzlich gilt: Je kreativer die Werbung, desto höher die Chance, dass sich das Produkt gut verkauft. Umgekehrt fand die Studie auch heraus: Nicht jede erfolgreiche Werbung ist kreativ."
[…]
"Die Analysen zeigen: "Je höher die Kreativität, desto höher die Werbeerinnerung", erläutert Wagener. Dagegen wirkt sich ein hoher Content-Fit signifikant negativ auf die Werbeerinnerung aus. Möglicherweise liegt dies an dem fehlenden Überraschungseffekt, interpretiert Wagener das Ergebnis. "Wer nur auf Content-Fit setzt, um Erinnerung zu erzielen, macht schlichtweg einen Fehler", ergänzt Perrey."

Aber auch reiner "Content-Fit" (sachbezogene, langweilige Werbung) kann es bringen. Aber nur, wenn er wirklich rüberbringt, um was es geht.

Und genau da hat der trockene, von manchen KMU-Unternehmern hochgepriesene "Sachbezug" seine entsetzlichen Macken: Weil das Produktprofil oft nicht sauber sitzt, das Ganze öd oder wirr getextet ist, schießt sich der sogenannte Sachkontent sauber ins Aus, merkfähig ist er dann schon gar nicht. Doppelgähn.

Ich halte schon immer am meisten davon, einfach zu differenzieren: stark kreative Ansätze da, wo es das Produkt – oder die Dienstleistung – braucht. Sachargumente da, wo man am ehesten ein Ohr beim Zielpublikum finden wird.  Und geschickt die jeweiligen Mediakanäle anzapfen.

Wie immer eben: Fingerspitzengefühl statt laut rumtönender Dogmatik.
Kreativität ist nicht tot, sie wurde nur in der letzten Zeit von der Übermacht der Sachpuristen in die Schmuddel-Ecke der Lumperkinder gestellt. Das dürfte nun vorbei sein.

Was nun tun? Wer braucht die kreativen Ansätze, wer sollte lieber brav und stimmig bleiben? Da gibt es tatsächlich Erkenntnisse über die zwei Enden des Schiebereglers: Schnelldrehende alltägliche Konsumgüter dürfen langweilig-stimmig-brav sein. Dann seien sie dennoch erfolgreich. Sagt man. Bei solchen Low-Interest-Produkten käme es darauf an und genüge, wenn der Produktnutzen glaubhaft kommuniziert wird. Bei den anderen Produkten und Branchen gilt: je emotional aufgeladener die Produktkategorie, desto kreativer dürften sie beworben werden: Autos, Fußball und weitere kleine Aufreger^^.

Unternehmensberatung und Diatpulver sind dann so mittel.

_____________________

Update:

Richtige BIG IDEAS hatten jedoch seit eh und je beides: Hoher Kreativer Ansatz UND Sachbezug stimmte.
Vielleicht sollten wir alle wieder zu der Kultur der BIG IDEA zurückkehren, dann muss man sich nicht entscheiden zwischen den beiden nie ganz zufriedenstellenden Alternativen "spinnert kreativ aber ohne Sinn und Verstand" und "so langweilig, dass es einen umbringt".

Dann ist man auf der ganz sicheren Seite, hat den größtmöglichen Erfolg und derartige Scheinstreitereien und Scheinalternativen just for the sake of PR wären beendet. Der einzige Grund, der mir einfällt ist, warum die BIG IDEA am Aussterben zu sein scheint, ist, dass Agenturen diese immer weniger hinkriegen: sie verlangt höchsten Einsatz an Kreativität, die Bereitschaft viele, viele, gute Ideen zu kreieren, nicht zu früh an den Mac gehen (weitverbreiteter Fehler in Agenturen), und nur eine dann leben zu lassen UND Schleifarbeit in höchstem Stress. Die letzten beiden Punkte sind nicht so beliebt. Aber Werbung und Kommunikation sind kein Ponyhof.

Vroni Gräbel

the-missinglink.de
gute-worte.de