Unser Westaflex-Artikel zog Kreise. Ziemlich mittelgroße, der Werbeblogger berichtete.

Was mich aber endgültig stutzen machte, war ein Fund auf Bjoerns Blog www.ognibeni.de. Auch der gute Bjoern, der Blogger von Ognibeni, war im Dialog mit Sabine, der PR-Lady von Westaflex. Die tapfer anschließend Blog-Monitoring betrieb und sich dankenswerterweise dem Web 2.0-Dialog stellte. So wünscht sich das ein Blogger, danke Bjoern, danke Sabine und Hochachtung (no kidding).

Und sie sagte etwas für mich Aufschlussreiches, was mir spontan eine Ursache der missglückten Clips erklärte: (Zitat
Sabine DeCuir auf dem Blog ognibeni): “Ansonsten hatten wir Hilfe aus der Verwandtschaft beim Imagevideo.”  Gemeint war der wohl der Bierfilm. Zu vermuten auch: der Pups-Film. Aber das weiß ich nicht genau.

Ich ging dem Link nach, googelte auch nach dieser Produktionsfirma und fand das, was ich mir dachte: Sie sind Techniker durch und durch, stolz auf ihre Kameras, Bühnen, Cutteranlagen. Eine kreative Abteilung aber fand sich nirgends. So weit so gut. Zitat aus “Philosophie” von http://www.filmundtv.de/ (Mist, ihr TV-Leute, ihr habt die Asbach-Uralt-Frames, gehts noch) :

– Unser Grundsatz uns von Beginn an mit der Philosophie unserer Kunden
zu identifizieren und Filme herzustellen, die auf einer excellenten
Filmidee basieren. Filme, die wir mit vollem Vor- und Zunamen
unterschreiben können.

– Unsere Innovationskraft schafft außergewöhnliche Filme mit
außergewöhnlichen Techniken: damit sie tiefer und länger im Gedächtnis
der Betrachter verbleiben.

– Unsere Flexibilität auch zu ungewöhnlichen Zeiten an verschiedenen
Orten mit professionellen Menschen und perfekter Technik (HDTV) unsere
Arbeit zu leisten. In Zusammenarbeit mit unseren Netzwerkpartnern
Ihnen, unserem Kunden, einen Full Service anzubieten.”

Summary: Sie stellen heraus, dass sie sich mit ihren Kunden identifizieren wollen, sie heben dazu noch explizit ihre technischen Anlagen hervor, die sicher respektabel sind. Dagegen ist nix zu sagen, ein Must. Klingt normal, so kennt man zig Firmen-“Philosophien” (Obwohl: wir haben eine andere, wir beraten unsere Kunden vorab, und zwar ergebnisoffen, which means wir lassen die Kohle auch mal sausen – und wir widersprechen, wenn wir es für geboten halten. Wir legen unsere Kunden nicht rein, indem wir plattes brown-nosin’ bei Prosecco betreiben, sondern segeln im Gegensatz zu vielen in unserer Branche lieber hart am Wind.)

Ihr Westaflexer (ich wende mich jetzt wieder an den Auftraggeber Westaflex), wisst ihr, was überhaupt nicht geht? Was schädlich ist, wenn man sich Lieferanten zur Umsetzung sucht? Genau. Verwandtschaft!

Seid ehrlich. Habt ihr schon mal Verwandtschaft getroffen, die akkurat, professionell und ehrlich Ideen von euch analysiert und in der Lage ist, diese unemotional und offen mit euch zu besprechen? Geht nicht. Das wissen sogar Umfrager: Verwandte und Freunde sind bei solchen Punkten am allerunehrlichsten. Sie wollen euch… schonen und sagen immer, dass das supertoll ist  Von ihnen werdet ihr nie die Wahrheit erfahren. Gründungsberater raten beispielsweise dringend von der Verfahrensweise ab, Business- und Vermarktungs oder Werbeideen von Verwandten & Freunden bewerten zu lassen. Ist eine alte Binse. Man muss, wenn man es ernst meint mit Firma und so und keinen Wolladen aufmachen will, echte Mini-Marktforschung betreiben  – nix mit billig Verwandte fragen – oder eben Leute finden, die das Angebot und die Idee aus ehrlicherer Distanz bewerten können. Und nun das…

Eine Idee braucht zum Gedeihen: Sparringspartner. Eine Idee braucht manchmal auch: einen advocatus diaboli. Sie braucht Menschen, die genügend Abstand haben, auf echte Relevanz abzuklopfen. Sie braucht nicht: willfährige, vorwiegend technisch orientierte Umsetzer, die dazu noch keine eigene kreative Abteilung zu  haben scheinen. Ich weiß, das klingt böse. Ich will nicht: diese TV-Firma in den Schmutz ziehen, sie hat sicher auf ihre Weise gute Arbeit geleistet. Wir sind auch keine direkte Konkurrenz, wir machen “nur” Design und Strategie. Wir Ollen.

Aber bitte begreift den Zusammenhang. Holt euch beim nächsten Mal Kreative, die aus sich, aus ihrer unabhängigen Herkunft heraus (Verwandtschaft = immer unvermeidbare Abhängigkeit, sei es um die nächste Grillparty, das Grundstück von Omma oder der nächste Stadtratssitz), sagen was sie fachlich wirklich denken. Die sich aus sich heraus, weil sie eben keine Rücksichten auf Bruder, Onkel oder Tante nehmen müssen und aus ihrer professionellen Distanz heraus auch trauen, euch zu widersprechen. Die auch eine andere Philosophie haben. Holt euch Sparringspartner aus dem Filmbereich, die auch eigenständige Drehbücher und Plots können, die für bessere Ideen kämpfen, die 2.0 Expertise haben, die eigens eine kreative Abteilung haben und nicht behaupten, sie wollten  sich mit ihren Auftragskunden identifizieren. Ganz anders: Sie sollen sich in den Abnehmer- oder Endkunden hineinversetzen können, der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Im Moment scheint es so, dass der arme Zulieferer von euch gezwungen wurde, den Wurm (!) für den Angler (sic!) und nicht für den Fisch (sic!) schmackhaft herzurichten, bäh, entsetzlich, grauenvoll, ganz falsch. Es ist zu eurem Besten, sich da zu besinnen.

Jetzt hab ihr euren Imageschaden, und der ist durch nichts mehr gut zu machen. Nein, wir bewerben uns nicht um das nächste Projekt bei euch. Grund: Uns scheint, eure Geschäftsleitung ist noch nicht so weit zu begreifen, dass Ideen, im Team geschmiedet und von der lieben unbuckligen Verwandtschaft umgesetzt, trotzdem Scheißideen sein können. Tut uns sorry.

Bis dahin lest pidde (nicht nur eure arme PR-Lady, die dauernd nur euere Macken ausbaden muss, sondern die Geschäftsleitung!! menno!!!!) dringend Brainwash und den genialen Kaizen-Meister, Teamkritiker und Kritiker der Impliziten Logiken Guido Stepken und trinkt ein Bierchen auf uns alle zur Beruhigung. Wir meinen es gut mit euch und wollen nur spielen. Cheers, Sláinte! “May you live lucky and healthy a hundred years, but with one extra year to regret!”

Fachliches Disclosure:
Kleine unbedeutende 2-Mann-Frau-Agentur, aber aus Top Ten Agentur stammend, mit jahrelanger kreativer Workflow-,  Storyboardentwicklungs- , Fotoregie- und Strategie-Erfahrung.  Erfahrung auf dem Gebiet der Kommunikations- und Wahrnehmungsforschung, Konstruktivisten und Dekonstruktivisten. Systemisch und prozessual denkend, aber immer wissend, dass die meisten Entscheider “nur” ergebnisorientiert und nicht prozessorientiert denken. Was ihr gutes Recht ist, dafür haben sie ja uns.