Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Juni 2007

Blüht, fruchtet, rankt und klettert

Update zu innovativpreiswertkompetent:

Vor nicht sehr vielen Jahren kamen mit der Post noch Prospekte vom Orion Versand, mit dessen Kalenderbildern die Wehrpflichtigen ihren Spinden eine weibliche Note verleihen. Heute krieg ich Kataloge vom Gartenversand.

Das Schlimmste daran: Ich kann den Katalog von Ahrens + Sieberz nicht mal rundum uninteressant finden. Für Lebensformen wie mich, die zur Ernährung unpraktischerweise auf Essen angewiesen sind, pflegen sie in Seligenthal ein durchaus anregendes Angebot.

Als mein Vater noch seinen Schrebergarten betrieb, hätte er seine gesamte März- und Junirente auf Zuchterfolge wie die heute bestürzend weit fortgeschrittene Bandbreite von Säulenobst verwendet. Und ich hätte ihn dabei unterstützt, weil immer ich auf die Leiter musste, um die Kirschen zu ernten, und es noch gut finden sollte, weil "richtige Jungen" gefälligst auf Bäume zu klettern haben. Ob jemals einer ausrechnen wird, wie viele Knie- und Bandscheiben sich mit den rezenten Säulen-Zwetschen hätten retten lassen?

Wir kannten gerade mal zwei Sorten Erdbeeren: mit und ohne Pferdemist; Ahrens + Sieberz kennt fünf Katalogseiten voll. Von der Arkansas-Brombeere Navaho, der ersten dornenlosen Säulen-Brombeere der Welt, und der Weltneuheit Prosecco – eine perfekte Züchtung aus einer wertvollen italienischen Birne und einem ganz besonderen französischen Gourmet-Apfel, prickelnd wie Champagner, saftig wie Pfirsiche, knackig wie Äpfel, aromatisch wie Birnen, dabei völlig anspruchslos und monatelang haltbar und selbstbefruchtend auch noch – ganz zu schweigen.

Man kann heute im eigenen Vorgarten Nashi und Kaki ziehen und wild gemustertes Obst mit Namen, die früher den ewähnten Damen beim Orion-Versand vorbehalten waren, sich mit dem Sweet Aloe Vera vom Fensterbrett von Insektenstichen, Brandverletzungen, Bluthochdruck und rheumatischen Erkrankungen kurieren und mit Basilicco die Fliegen und Fruchtfliegen aus der Küche vertreiben. Und weil Gesundheit noch mehr ist denn die Abwesenheit von Krankheit, genießt man die Power-Beere Cranberry, eine wahre Multi-Vitamin-Beere. Den Gewinnlern der Klimakatastrophe zum Trotz zieht man sich so gerüstet Musa, die absolut winterharte (bis -10°C) Bananenstaude als dekorative Solitärpflanze. Schon klasse.

Um bei den Adressenhändlern als Zielgruppe für Schrebergartenbedarf durchzugehen, reicht offenbar kein Vorname, der aufs Germanische (nicht etwa auf dieses neumodische Alt- und Mittelhochdeutsch) zurückgeht; es müssen schon noch Wohneigentum und ein paar Amazon-Erwerbungen aus der Kategorie "Klassiker" dazukommen.

Wenn die ganzen dreijährigen Benedikt, Wenzel, Kreszenzia und Magdalena ins Archiv von Schober kommen, erfahren sie von den Segnungen der Gentechnik, noch bevor sie wissen, was man mit dem ORION Covergirl der Stunde anstellen könnte.

Das allzu liebe KMU-Netzwerk – Oder wie man Fehlärr vermeidet, indem man verwandte Zulieferer vermeidet. Am Beispiel des Westaflex-Desasters.

Unser Westaflex-Artikel zog Kreise. Ziemlich mittelgroße, der Werbeblogger berichtete.

Was mich aber endgültig stutzen machte, war ein Fund auf Bjoerns Blog www.ognibeni.de. Auch der gute Bjoern, der Blogger von Ognibeni, war im Dialog mit Sabine, der PR-Lady von Westaflex. Die tapfer anschließend Blog-Monitoring betrieb und sich dankenswerterweise dem Web 2.0-Dialog stellte. So wünscht sich das ein Blogger, danke Bjoern, danke Sabine und Hochachtung (no kidding).

Und sie sagte etwas für mich Aufschlussreiches, was mir spontan eine Ursache der missglückten Clips erklärte: (Zitat
Sabine DeCuir auf dem Blog ognibeni): “Ansonsten hatten wir Hilfe aus der Verwandtschaft beim Imagevideo.”  Gemeint war der wohl der Bierfilm. Zu vermuten auch: der Pups-Film. Aber das weiß ich nicht genau.

Ich ging dem Link nach, googelte auch nach dieser Produktionsfirma und fand das, was ich mir dachte: Sie sind Techniker durch und durch, stolz auf ihre Kameras, Bühnen, Cutteranlagen. Eine kreative Abteilung aber fand sich nirgends. So weit so gut. Zitat aus “Philosophie” von http://www.filmundtv.de/ (Mist, ihr TV-Leute, ihr habt die Asbach-Uralt-Frames, gehts noch) :

– Unser Grundsatz uns von Beginn an mit der Philosophie unserer Kunden
zu identifizieren und Filme herzustellen, die auf einer excellenten
Filmidee basieren. Filme, die wir mit vollem Vor- und Zunamen
unterschreiben können.

– Unsere Innovationskraft schafft außergewöhnliche Filme mit
außergewöhnlichen Techniken: damit sie tiefer und länger im Gedächtnis
der Betrachter verbleiben.

– Unsere Flexibilität auch zu ungewöhnlichen Zeiten an verschiedenen
Orten mit professionellen Menschen und perfekter Technik (HDTV) unsere
Arbeit zu leisten. In Zusammenarbeit mit unseren Netzwerkpartnern
Ihnen, unserem Kunden, einen Full Service anzubieten.”

Summary: Sie stellen heraus, dass sie sich mit ihren Kunden identifizieren wollen, sie heben dazu noch explizit ihre technischen Anlagen hervor, die sicher respektabel sind. Dagegen ist nix zu sagen, ein Must. Klingt normal, so kennt man zig Firmen-“Philosophien” (Obwohl: wir haben eine andere, wir beraten unsere Kunden vorab, und zwar ergebnisoffen, which means wir lassen die Kohle auch mal sausen – und wir widersprechen, wenn wir es für geboten halten. Wir legen unsere Kunden nicht rein, indem wir plattes brown-nosin’ bei Prosecco betreiben, sondern segeln im Gegensatz zu vielen in unserer Branche lieber hart am Wind.)

Ihr Westaflexer (ich wende mich jetzt wieder an den Auftraggeber Westaflex), wisst ihr, was überhaupt nicht geht? Was schädlich ist, wenn man sich Lieferanten zur Umsetzung sucht? Genau. Verwandtschaft!

Seid ehrlich. Habt ihr schon mal Verwandtschaft getroffen, die akkurat, professionell und ehrlich Ideen von euch analysiert und in der Lage ist, diese unemotional und offen mit euch zu besprechen? Geht nicht. Das wissen sogar Umfrager: Verwandte und Freunde sind bei solchen Punkten am allerunehrlichsten. Sie wollen euch… schonen und sagen immer, dass das supertoll ist  Von ihnen werdet ihr nie die Wahrheit erfahren. Gründungsberater raten beispielsweise dringend von der Verfahrensweise ab, Business- und Vermarktungs oder Werbeideen von Verwandten & Freunden bewerten zu lassen. Ist eine alte Binse. Man muss, wenn man es ernst meint mit Firma und so und keinen Wolladen aufmachen will, echte Mini-Marktforschung betreiben  – nix mit billig Verwandte fragen – oder eben Leute finden, die das Angebot und die Idee aus ehrlicherer Distanz bewerten können. Und nun das…

Eine Idee braucht zum Gedeihen: Sparringspartner. Eine Idee braucht manchmal auch: einen advocatus diaboli. Sie braucht Menschen, die genügend Abstand haben, auf echte Relevanz abzuklopfen. Sie braucht nicht: willfährige, vorwiegend technisch orientierte Umsetzer, die dazu noch keine eigene kreative Abteilung zu  haben scheinen. Ich weiß, das klingt böse. Ich will nicht: diese TV-Firma in den Schmutz ziehen, sie hat sicher auf ihre Weise gute Arbeit geleistet. Wir sind auch keine direkte Konkurrenz, wir machen “nur” Design und Strategie. Wir Ollen.

Aber bitte begreift den Zusammenhang. Holt euch beim nächsten Mal Kreative, die aus sich, aus ihrer unabhängigen Herkunft heraus (Verwandtschaft = immer unvermeidbare Abhängigkeit, sei es um die nächste Grillparty, das Grundstück von Omma oder der nächste Stadtratssitz), sagen was sie fachlich wirklich denken. Die sich aus sich heraus, weil sie eben keine Rücksichten auf Bruder, Onkel oder Tante nehmen müssen und aus ihrer professionellen Distanz heraus auch trauen, euch zu widersprechen. Die auch eine andere Philosophie haben. Holt euch Sparringspartner aus dem Filmbereich, die auch eigenständige Drehbücher und Plots können, die für bessere Ideen kämpfen, die 2.0 Expertise haben, die eigens eine kreative Abteilung haben und nicht behaupten, sie wollten  sich mit ihren Auftragskunden identifizieren. Ganz anders: Sie sollen sich in den Abnehmer- oder Endkunden hineinversetzen können, der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Im Moment scheint es so, dass der arme Zulieferer von euch gezwungen wurde, den Wurm (!) für den Angler (sic!) und nicht für den Fisch (sic!) schmackhaft herzurichten, bäh, entsetzlich, grauenvoll, ganz falsch. Es ist zu eurem Besten, sich da zu besinnen.

Jetzt hab ihr euren Imageschaden, und der ist durch nichts mehr gut zu machen. Nein, wir bewerben uns nicht um das nächste Projekt bei euch. Grund: Uns scheint, eure Geschäftsleitung ist noch nicht so weit zu begreifen, dass Ideen, im Team geschmiedet und von der lieben unbuckligen Verwandtschaft umgesetzt, trotzdem Scheißideen sein können. Tut uns sorry.

Bis dahin lest pidde (nicht nur eure arme PR-Lady, die dauernd nur euere Macken ausbaden muss, sondern die Geschäftsleitung!! menno!!!!) dringend Brainwash und den genialen Kaizen-Meister, Teamkritiker und Kritiker der Impliziten Logiken Guido Stepken und trinkt ein Bierchen auf uns alle zur Beruhigung. Wir meinen es gut mit euch und wollen nur spielen. Cheers, Sláinte! “May you live lucky and healthy a hundred years, but with one extra year to regret!”

Fachliches Disclosure:
Kleine unbedeutende 2-Mann-Frau-Agentur, aber aus Top Ten Agentur stammend, mit jahrelanger kreativer Workflow-,  Storyboardentwicklungs- , Fotoregie- und Strategie-Erfahrung.  Erfahrung auf dem Gebiet der Kommunikations- und Wahrnehmungsforschung, Konstruktivisten und Dekonstruktivisten. Systemisch und prozessual denkend, aber immer wissend, dass die meisten Entscheider “nur” ergebnisorientiert und nicht prozessorientiert denken. Was ihr gutes Recht ist, dafür haben sie ja uns.

Westaflex is over

Update zu Was Youtube verschweigt:

Vorschule der Ästhetik, Lerninhalt 1: Niemals sind die Dinge “so peinlich, dass sie schon wieder gut sind”, sondern sie sind gut oder schlecht oder etwas dazwischen. Die Schöpfer der Welt kennen 0 und 1 in sehr vielen Einzelentscheidungen, aber kein “so 0, dass es schon wieder 1 ist”.

Die Ikone der selbstbewussten Unternehmensdarstellung schmiert radikal ab, weil sie offenbar ihre Positionierung optimieren wollte oder irgendwas: Westaflex macht jetzt auch witzige Werbung.

Wie es zu solchen Tragödien kommt? – Ein Familienunternehmen, wie Westaflex eins ist, investiert Zeit, Geld und Mühe in seine Selbstdarstellung (Original mit Quicktime). Dann kommen Leute, die nicht die Zielgruppe sind, und lachen es dafür aus. Dann kommen andere, Zielgruppe oder nicht, und finden es gut – und das Familienunternehmen hält es für Ironie und schämt sich.

Wie oft noch: Irony is over, sagt Jarvis Cocker auf der This is Hardcore von 1998. Weil die Hauswerber von Westaflex solche Platten offenbar nicht hören, fühlen sie sich zu so würdelosen Verrenkungen gedrängt, um einem wie auch immer gearteten Zeitgeist zu genügen.

Sowas passiert nicht etwa beim Fliegenfischen oder einem anderen Hobby, bei dem es aufs Mundhalten ankommt, sondern innerhalb der Kommunikationsbranche.

 

Allerdings kann alles noch viel schlimmer kommen, wenn man sie hantieren lässt. Immerhin lässt die Reklamefirma, die Westaflex ihre viralen Versuche eingeredet hat, im zweiten Spot an der wichtigsten Stelle eine andächtige Stille:

Unser gut geschultes Mitarbeiterteam ist moti_viert,
weil die Zufriedenheit unserer Kunden groß geschrieben_wiert.

Danke an Kay von den Buzz-People https://www.thebuzzpeople.com/ für die Aufmerksamkeit!

O mein Gott, es ist eine Bockwurst

Update zu The Bockwurst Experience:

Pimp My Profilethe missing link, Ihre Lieblingsagentur für ein freundliches Miteinander, schimpft ungern über Kollegen. Wirklich. Vor allem die branchenübliche Gratisschelte auf schlechte Werbung hat so was von Sandkasten. Blaue Ersatzflüssigkeit, Telefonklingeln gegen Geld, “Impossible is nothing”, Apostrophen und Leerschritte, wo Aussagen hingehören – alles geschenkt. Vielleicht wollte der Kunde das so, und wer wäre denn ein Werber, der seinem Kunden widerspräche.

Auf alte coole Hunde wie meinen Kollegen (protz, protz!) Reinhard Siemes wird traditionell zu wenig gehört. Zum Beispiel dann, wenn er sich gegen die Zurschaustellung von Tieren wendet, die für den Verzehr ihrer selbst werben.

Mit dergleichen Schreckgespenstern musste man im freien Westen ja aufwachsen: Kinder, die vor dem Einschlafen “Hänsel und Gretel” vorgelesen bekommen, verkraften auch Darstellungen von drei Kühen, die singen: “Mit Zamek fängt die Mahlzeit an!” Nicht viel später gähnten sie vor Raubvideos, in denen große Mengen Schlachtabfall als Requisit eine Rolle spielten: “Mach doch mal die scheiß Reklame weg.” (Wir erinnern uns: 3 Programme, keine Fernbedienung.)

Wie verbreitet die Darstellungen autophagischer Monstren inzwischen sind, sieht man auf Flickr: Hier haben schonungslose Investigatoren das ganze Ausmaß festgehalten.

Den Link zum einschlägigen Bilderpool stellen wir aus rein dokumentarischem Interesse zur Verfügung, im Vertrauen darauf, dass nur charakterlich gefestigte Erwachsene ihn verfolgen werden.

Blindbild: Pimp-My-Profile.com; Lizenz: Creative Commons.

Rettet bedrohte Wörter!

Oder: bedrohte… Worte?

Jedenfalls gibt es eine Reihe von Worten, die am Aussterben sind. Wann haben Sie zum letzten Mal "Kleinod" gesagt zu einem Ihnen lieben Gegenstand, einem kugelrunden weißen Stein aus Griechenland oder einem alten Ring Ihrer Großtante. Oder zu Ihrer Katze? "Mein kleiner Augapfel" ist das Mindeste, was Sie zu Ihrem niedlichen Kind (nicht nur "wo ist denn das liebe Niederwild?" ) oder zu einer solch liebenswerten Kreatur aus der Gattung Felide sagen können, die einem beide das Leben mit tausend niedlichen Minnie-aturen versüßen.

Wann haben Sie zum letzten Mal "Labsal" gesagt oder "Fisimatenten", wenn das Callcenter rumzickt.

Lassen Sie uns doch mal wieder schwelgen in schönen alten Worten, die einem auf wundersame Weise den Kopf klar machen.

Noch eins?

Kaltmamsell.

Das war meine Oma in Alexandersbad und Marienbad. Und sie war eine dermaßen pflichtbewusste und perfekt temperaturbewusste Kaltmamsell, dass sie einmal rausstürmte zu einem Kurgast, der sich über die zu heiß servierte Suppe beklagte. In weißer Montur mantelte sich die zierliche Rothaarige vor dem Gast auf und fuhr ihn an: "Das kalt Kochen ist noch nicht erfunden, mein Herr!!"

Das muss die Vorlage gewesen sein zu "Bella Martha", als Martina Gedeck als Sterne-Köchin sich mit dem Gast anlegte, ob das Parfait zu roh sei, und ihm dann die weiße Tischdecke samt Burgunder auf den Schoß räumte.

Herrlich altmodisch. Ich liebe solche alten Worte und solche göttlichen Furien.

Mehr auf http://www.bedrohte-woerter.de/wettbewerb/ und dem Wortmuseum.
Der etwas andere Wettbewerb, wenn Sie zwischendurch von Design- und Grimme-Ähword-Klüngeln die Nase voll haben. Andere nennen es Arbeit, wir nennen es Schabbes*, ähm, Schabernack.

* Ruhepause, Sabbat

 

Wie kommuniziert man ein Unternehmensprofil in einem Logo. Teil II

Muss man das überhaupt? Reicht es nicht, dass man einfach irgendein nettes Logo macht – was das Unternehmen darstellt, wird doch über die Werbekommunikation genügend transportiert…? Und dann würde das Logo automatisch mit diesen Bedeutungen aufgeladen. Stimmt das?

Dazu Logo-Papst Erik Spiekermann zum WM-Logo:
“Am liebsten würde ich mich verstecken und behaupten, ich sei Gehirnchirurg oder sonst was.”

Und zu Logodesign grundsätzlich sagt der Designguide:

Ein Logo soll…

Aufmerksamkeit erlangen

eine klare Aussage haben
verständlich sein
einfach erinnerbar sein
originell sein
am Kunden orientiert sein
klare Form haben
reproduzierbar sein
zeitlos sein

Da haben wirs: Es braucht sehr wohl eine klare Aussage. Und was für ein Aussage? Die, dass Landschaften meist grün sind oder – geschmäcklerisch – dass Grün sehr gut zu gelb passe? Nein, eine essenzielle, komprimierte und trennscharfe Aussage über das Unternehmen und seine Ausrichtung! Sind wir wieder beim strategischen Unternehmensprofil  – eine Logoaussage muss es komprimiert widerspiegeln = on strategy sein.

Auch Farben sind Aussagen.

Bevor es mit den Entwürfen losgeht, kläre ich mit dem Kunden noch rasch seine Hausfarben ab und schlage eine Modifikation in Richtung gedeckter/dunkler und  damit – etwas – edler vor. Denn sein derzeitiges Blau erschien mir zu “billig” (das macht der hohe Rotanteil), zu sehr technisch-maschinenbauerhaft. Sie haben zwar unter anderem auch technische Seminarkunden, doch ein Tagungshaus steht nicht unbedingt vordergründig selbst für beispielsweise Maschinenbau, sondern für gute Räume und perfekten Service. Letztere sind weichere, edlere Faktoren, die ich nur in einem gedeckteren Blau sehe.

Die derzeitige etwas hart und zitronig wirkende Zusatzfarbe Yellow wurde in ein symphatisch warmes Maisgelb modifiziert. Die neue Farbgebung (rechts) wurde jetzt abgenickt:

Modifizierte_hausfarben

Was bisher geschah:

Das Vorhaben (Intro):

“Der Relaunch des alten Logos war notwendig” (Teil I):

Weiter zu:

“And the Winner is!!” (Teil III, der neue Claim ist gefunden)

 

14.06.2007 Der Relaunch des alten Logos war notwendig

Das Logo, um das es geht, gehört einem Unternehmen der Tagungsbranche.

Auf dessen alter und derzeitiger Website  – die wird ebenfalls gerade von the missing link relauncht und ist demnächst on air – sieht es so aus:

Altes_logo

Im Schriftverkehr und anderen Medien wird aber bereits dieses hier verwendet:
Derzeitiges_logo

Es wurde 2005 von einem Designer redesignt, und wie ich finde, fand damit bereits eine deutliche Verbesserung zugunsten von Einfachheit und Klarheit statt: Die Schrift des zweiten Logos ist wesentlich besser lesbar, wenn die Outlines weg sind, und die Geschwindigkeitsstreifen des alten Logos waren schlicht überflüssig. Das wurde richtig erkannt. Von Kundenseite hing man noch sehr an dem Bildmotiv der Bildmarke, den drei Businessfiguren in Blau, die sind – leider  – geblieben.

Warum leider? Redundanz (sagt das Gleiche oder Ähnliche wie im Text, sagt einfach nur: Business). Den wertvollen Raum, den eine Bildmarke geistig und formal einnimmt, sollte man nicht mit Redundanz verschenken.

Der Zusatz "Böblingen" fiel weg. Der Grund war wohl, dass man in Zukunft plante, weniger standortbezogen aufzutreten und Kunden außerhalb der Region Stuttgart-Böblingen anzusprechen. Es kam hinzu: ein Claim: "You’re welcome!"  Er soll die besondere Herzlichkeit und servicebetonte Atmosphäre des sehr gut geführten Hauses ausdrücken. Denn "You are welcome!" heißt ebenfalls auch: "Gern geschehen!", "Bitte!".

Die Schreibschrift soll persönlich wirken, mir ist sie jedoch zu brav. Und da sie aber deutlich eine Satzschrift ist und keine echte einzigartige Handschrift, drückt sie gerade eben nicht gut das individuell-Persönliche aus, sondern wirkt maschinell, wie auf tausendfach publizierten Glückwunschkarten.

Und jetzt kommt the missing link ins Spiel mit dem vom Kunden akzeptierten Vorschlag, den Logoauftritt (das zweite Logo) zu überdenken, da die Lesbarkeit des sehr (zu) langen Wortes noch gut verbesserbar ist.

Es versteht sich von selbst, dass auch das in unserer Marketinganalyse von uns entwickelte und trennscharfe Profil des Hauses (vorher gab es keines) sich nicht nur in den Aussagen und der Optik der neuen Website, sondern sich auch im neuen Logo oder der neuen Bildmarke wiederfinden muss. Denn die neue Kommunikation des Profils findet nicht nur im Web, sondern folgerichtig auch auf dem Briefkopf statt. Wie das geht?

Fortsetzung "Wie kommuniziert man ein Unternehmensprofil in einem Logo (Teil II):
Das Vorhaben (Intro):


11.06.2007 Laut nachgedacht

Im Moment überlege ich mir, ob es nicht eine schöne und spannende Idee ist, die aktuelle Entwicklung des Logos eines Kunden zusammen mit dem Kunden auf dem Blog zeitnah zu begleiten. Angefangen mit dem Ausgangspunkt, dem alten Logo, dann über die Message, die das relaunchte Logo verkörpern soll bis hin zu den verschiedenen Design-Entwürfen, den Diskussionen darüber und der letztendgültigen Auswahl des Kunden. Und warum sie so gefallen ist und nicht anders. Das wäre doch mal ein guter Sinn eines Blogs: zu zeigen, wie man arbeitet. Und dass Design ein Prozess ist, in dem Designer und Auftraggeber mitwirken. Und nicht ist wie Brötchenkauf.

Sprechen rechtliche Gründe dagegen oder ist das null Problemo…

 

[Edit: ICH DARF!  Premiere: Auf diesem Blog ensteht eine Life-Logentwicklung. Ab morgen wieder reinschauen, da kommt der erste Artikel dazu

Wegen der ungünstigen Angewohneit von Blogsoftware, absteigend zu archivieren (das Neueste zuerst), habe ich beschlossen, nach Projektende hier eine chronologische Anordnung (das Älteste zuerst) zu erzwingen, damit man zeitnah und im echten nach-unten-Ablauf verfolgen kann wie ein Logo entsteht.]

 

Hier gehts zu Teil I “Der Relaunch des alten Logos war notwendig”

Hier gehts zu Teil II “Wie kommuniziert man ein Unternehmensprofil in einem Logo”

Viel zu viele spitze Winkel. Spitziges aus meinem Zyklus “London Olympia-Logo 2012”.

„Das Logo nervt die Leute." So steht es in den Medien über das neue Olympia-Logo London 2012.

Ein Grund: Extrem spitze Winkel, eckige Kanten und gewisse Anordnungen schaffen Abneigung und schlechte Gefühle. Sie und bestimmte Farben sind Zeichen von Angriff, Aggression, Krieg und Provokation. Es ist im Menschen tief verankert, Rundes und Gefälliges mehr zu mögen, gewissen Anordnungen im Raum mit Unwohlsein zu begegnen. Das wussten die alten Chinesen mit ihrem Feng Shui.

Viellecht sollten Designer, die sich mit formalen Dingen beschäftigen und mit action-lastigen Eventlogos etwas auslösen wollen, sich mehr mit archaischen Weisheiten plus Neurobiologie beschäftigen. Vielleicht haben aber die Londoner Designer genau das 100%ig getan, um einen Provokationsschub zu erreichen. Wir wissen es nicht. Ein Tiefen-Interview dazu mit ihnen in einem Design-Magazin, was die sich gedacht (oder nicht gedacht) haben, würde mich mächtig interessieren. Eine Casestudy zur Logoentwicklung auf ihrer Website steht noch aus (ihre anderen Logos haben alle eine), ebenso fehlt das Londoner Olympische Komittee derzeit auf ihrer Kundenliste noch. Grübel.

Disclaimer: Mir gefällt grundsätzlich die Idee sehr gut, etwas ganz Anderes zu machen als das gewohnte Langweilige. Mit den Folgen allzuvieler spitzer Winkel aber müssen sie jetzt leben. :-)

Saturday night history

Kastanie

Diese Kastanie, heute am Samstag nacht um zehn aufgenommen, hat eine Geschichte. Keine so Große Geschichte wie die berühmter Bäume mit dickem Durchmesser und einem Alter wie Methusalem. Aber dafür ist es unser Baum, unsere Geschichte. Ein Baum, der die Entwicklung unserer Hausgemeinschaft begleitete. Ich bin eingezogen mit 30 Umzugskartons, einem Mann (21 Umzugskartons, davon 20 mit Büchern),

Wolfbeinacht

Nachtwolf

drei Miezen, einem Hypothekenvertrag und viel Hoffnungen. Das ist im Oktober 2007 genau sieben Jahre her.

Als wir einzogen, war sie grade so groß wie ich. Man hat sie aus einer anderen Gegend ausgeschaufelt, hergefahren und ein Loch für sie ausgehoben. Welches nicht tief genug war, denn es kamen bald Steine. Der Innenhof war ein zugeparkter, ölverklebter, hässlicher Platz.

Seitdem sind die Autos weg, der Hof Stück für Stück renoviert, er bekam Flieder, Lavendel, Rosen, Glyzinien und ein schönes Pflaster. Sie blühte im letzten Jahr zum ersten Mal. Für Kastanien sehr spät und wir machten uns alle Sorgen.

Auch hatte sie mit Miniermotten zu kämpfen und bekam jedes Jahr im August braune, hässliche Blätter. Aber es wird besser, die Motte ist weg. Unsere Kastanie ist inzwischen sechs Meter hoch. Eine mächtige Krone, die den halben Hof an heißen Tagen in wohltuenden Schatten taucht. Und abends beim Wein ein schützendes Dach, wenn der Nachbarplausch vom Sommerregen überrascht wird.

Ein echter Surviver mit festem Überlebenswillem. Wir werden noch herrliche Sommerabende unter ihm haben.

Das neue Olympia Logo will ein Mitmach-Logo sein? Ein schlechter Witz. Ich sag warum.

Die Agentur Wolff-Olins, die nicht nur das e-on Logo machte, sondern auch das Olympia-Logo London 2012 und diesen oder diesen epilepsieauslösenden Film dazu "verbrach", hat eine Neudefinition der Markenwelt 2.0:

"Die neue Markenwelt besteht nicht mehr aus selbstbezogenen Kathedralen,
ist kein Kraftfeld, das andere Marken verdrängen will. Neue Marken
umarmen … Neue erfolgreiche Marken sind weniger im Besitz eines
Unternehmens, sondern Banner einer Bewegung, ihr Besitzanspruch wird
lockerer. Das Logo wird zum Gegenstand, den andere Organisationen und
Individuen borgen und verändern können."

Und auch:
"A big idea has to be radical: conveying a sense that things can be done
in a new way, that the world can be changed. It has to be social:
appealing to the hearts and minds of people, it has to been seen to be
true and relevant. Finally it has to be tangible: detectable in every
thing an organisation does – in its communications, behaviour and
products."

Jetzt bin ich gespannt, ob das auch in der Praxis von den olympischen Rechteinhabern durchgehalten wird, nur daran sollte man die visionären Reden messen. Oder ob es ein Abmahn-Desaster wird gerade wegen der expliziten, aber sehr misleading Mitmach-Aufforderungen. Von wegen Urheberrechts- oder/und Copyright-Verletzungen, wie es dem Saftblog mit dem Olympiaringen passiert ist. Das hatten wir ja auch schon mal.

Und es ist unklar, sehr sehr unklar, was man darf:

Wenn ich das für Laien komplizierte und unverständliche Rechtekonstrukt* der Londoner Rechteinhaber lese, bekomme ich das dumpfe Gefühl, dass man besser seine kreativen zittrigen Maler-Klecksel-Pfoten vom Logo fern halten sollte. Ich male nix mehr ohne meinen Anwalt :-)

Obwohl das Fontblog schreibt:

"Die Veranstalter weisen den Weg zwischen Markenschutz und Markenspiel. Sie klären auf einer juristischen Seite darüber auf, welche Zeichen man keinesfalls frei verwenden oder modifizieren darf.
(zum Beispiel die 5 Ringe oder das Emblem des nationalen Olympischen
Komitees)" [Anm. d. S.: Es ist noch immer verwirrenderweise ein Vorgänger-London-2012-Logo mit dabei  – nur vergessen, rechtzeitig auszutauschen mit dem neuen? –  und das ist sehr wohl geschützt.] "Das heute vorgestellte Markenzeichen ist davon ausdrücklich
ausgenommen. Jeder ist eingeladen, damit zu spielen und es zu verwenden."

Ob das vorgestellte Markenzeichen wirklich davon ausgenommen ist, habe ich nirgendwo explizit und bejahend lesen können auf dieser juristischen Seite. Eines aber weiß ich: Es steht groß und mächtig ein TM (Trademark) dran – siehe dieser Screenshot des Logos von der offiziellen Seite.

Londontm


Die Leute werden sich schwer tun mit der Mitmach-Begeisterung, wenn die "Erlaubnis" so verwirrend aussieht. Zweifler mögen sich an lawblog.de wenden. Oder ABGEMAHNT lesen. Anders gefragt: Was darf man denn überhaupt? Nun ich fürchte wenig: Beispielsweise nur an diesem User-Generated-Content-Werk "Create Your Own Design" mitmachen? Bei dem man wie ein unzurechnungsfähiger Idiot wie die strohblumenbastelnde Mutti lediglich statische, vorgefertigte Linien-Vorlagen mit festen Winkeln bearbeiten ausmalen darf wie beim Malen nach Zahlen (ein schlechter Witz, odrr?) – und alle Rechte beim Upload abzutreten hat? 

Bleibt für alle Überschwang-Künstler zu hoffen, dass die Briten nicht so abmahnfreudig sind wie manche deutschen Anwälte/Firmen/Kommittees. Ein bisschen hoffen darf man ja noch dürfen.

Mein Machwerk lass ich aber mal drin in unserem Fachblog. In Zukunft lass ich aber die Finger davon. Ob das noch-Pinklogo-begeisterte Fontblog diese kreativen Logo-Ansätze: das da und das da, sehr hübsch, sehr designig, drinlassen darf? Schaun mer mal und guggn dann, wie der Frangge sagt. Aber habe selber bis auf weiteres kein Bock mehr zu London-Creativity, man hat ja sonst nix zu tun bloggen. Mehr in  diesem Theater demnächst über eine Logofertigung von Anfang an, aus eigener Werkstatt. Und kein Kindergartenmalen wie sich London Olympics das vorstellt. Ach geht mir weiter…

… ich hab die Grundidee gemocht, dieses ganz Neue, das Mitmachen statt des üblichen spießigen, austauschbaren "Olympiaflamme empor" und Kringel-Ringel auf konventionellen Olympia-Logos…und nun das …


Pull und Push – oder: Gibt es überhaupt noch “Zielgruppen”?

[Mein Beitrag als bör auf der Blogbar]

Eine Polemik

Um einem Irrtum vorzubeugen: Es gibt keine “Zielgruppen” mehr. Zumindest nicht im Internet. Das
Internet ist ein Pull-Medium. Das haben viele Internetentrepreneure
nicht kapiert, und die old school draußen im Print-Sektor kapiert es
sowieso dreimal nicht mehr.

Pull-Marketing zielt darauf ab, dass die Menschen freiwillig etwas
suchen, es finden, es auswählen können und attraktiv finden. Und von
sich aus gut darüber reden wollen, ohne Zwang.

Push-Marketing hingegen ist das alte Jäger-Zielgruppendenken (wer
sind sie, in welche Schublade stecke ich sie am besten, und wo, wie
erwisch ich sie am besten, wer von denen hat am meisten Geld) und genau
das bringt sowohl Werbewirtschaft, Start-Ups als auch die
Althasen-Entrepreneuere im Netz (und auch draußen langsam) nicht mehr
recht weiter.

Diesem Irrtum im Internet (vor allem die Überlegung: “Mann, ich
wende mich doch gleich an die, die am meisten Geld haben”) sitzt auch
der Don mit seiner – betuchteren? älteren? wir wissen es nicht – Mille
Miglia “Zielgruppe” auf. Warum ist das ein Irrtum? Erstens gehen im
Internet die Leute dahin, wo es ihnen passt.

Nicht nur das: Bereits, zweitens, das old school Denken hier (Zielgruppen, bla) ist bereits fehlerhaft:

Es wird hier verbreitet, z. B. Studenten wären als Zielgruppe doch
sowas von uninteressant, da kein Geld. Das stimmt schon mal im Präsens
nicht, denn es gibt dank der Studiengeldpolitik und der
gesellschaftlichen Veränderungen immer weniger BaFÖG- und arme-Schlucker-Studenten. Studenten haben heutzutage im Durchschnitt einen
wohlhabenderen Background. Zweitens werden sie – nach dem Studium, und
trotz der Prakiktantenmisere oder ihrer zeitweise prekären Lebensstile
– im Durchschnitt mehr Geld haben als ein Dreher, ein Krankenpfleger
oder eine kleine Buchhändlerin (Lehrberuf) je haben wird. Fazit: Man
übersieht hier in dem Blog einfach – wenn man sich schon unbedingt an
die old school “Zielgruppe” wie Leim hinkleben will – dass gerade
Studenten in ihrer Biografie viel beweglicher sind als ihre
Zielgruppenjäger.

Banken haben generell die biografische Beweglichkeit der Leute
begriffen – auf bauernschlaue old school Basis wohlgemerkt – und schon
vor Jahren kapiert, sie antizipierten, dachten immerhin weiter in ihrer
Bauernschlau-Blödigkeit. Sie verschenk(t)en beispielsweise scheinheilig
an Neugeborene Sparbücher mit kleinem Guthaben. Das wurden oft die
Kunden von morgen. Oder warum wurde/wird auch um Teenager mit einem
Taschengeld von 20-200 € so ein Werbezirkus gemacht.

Die vom Zeitfenster her sehr kurzfenstrige Überlegung (in
weitgehenden Käufermärkten wohlgemerkt, in deren Überangebot der Käufer
weiß, dass er wählen kann… ): Ich such mir JETZT ne “Zielgruppe”, die
jetzt zahlungsbereit und wohlhabend ist, und die kommt dann und ich
mach damit Mords-Geschäft, haut daher im real life immer weniger, und
im Internet überhaupt nicht so hin. Sie wird nie hinhauen.

Das ist das Dilemma der ganzen Geschäftsneuentwürfe im Netz. Die
Adressaten (gibt’s auch eigentlich nimmer, so wenig wie “die Zielgruppe”)
sind unberechenbarer: Sie kommen – oder sie kommen nicht. Sie laden
Bilder hoch oder sie lassen es. Sie haben einen bezahlten Account oder
mogeln sich mit free account durch oder sie sind Karteileiche. Oder sie
haben “altmodische” Alben. Oder sie fahren auf mehreren Schienen.
Warum, weiß kein Mensch genau. Und es wird dank ihres Eklektizismus
leider und Gottseidank immer schwerer sein herauszufinden, warum sie das tun
und welchen Hintergrund das hat.

Statt aber gründlicher Studien und halbwegs guter Befragungen gibt
es über Verhalten im Netz immer mehr oberflächliche oder einseitige
schlechte “Studien” von Netz-Marketingfirmen, die ihre
grottenschlechten, hausgemachten “Studien” im Netz nur zu ihrer eigenen
PR und Desinformation nutzen – oder es gibt Kaffeesatzlesen, wie hier.

Das Internet mit seinem Pull wird einfach immer noch nicht
verstanden. Man will wie gewohnt Push daraus machen (”…man muss doch
besser bezahlte “Zielgruppen” anvisieren, das wird doch sonst nichts…”,
daher wird man scheitern. Daher betrachtet man Marketing im “real life” als
besser, nur daher. Da geht Push – noch.

Und dann kommt das als Web 2.0 bezeichnete Community-Marketing, welches
im Grunde auch nur vom Push-Gedanken lebt (Push: Wie krieg ich viele
Adressen/Daten, um das dann zu verkaufen, wie drück ich denen schlau
Werbekontent rein, wie krieg ich möglichst viele Konsumbereite,
etc.)

Meine Analyse, woran das Web 2.0 krankt: Ich nenne es Segeln unter
falscher Flagge. Web 2.0 kommt als Pseudo-Pull daher, ist im Grunde
seines verlogenen Wesens aber altmodisches Push. Daher wird es im Netz
damit nichts.

Vroni, Ex-Werbefuzzie,
aber immer noch Kommunikations-Designer.
Mit dem Schwerpunkt auf Kommunikation und dass sie klappt, nicht auf sinnentleerte, hübsche Rüschen.

Olympia: 510 bC, 2007 und 2012

Olympischer Boxkampf. Zwei unbekannte Recken, Griechenland 510 bC

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Büronahkampf Vroni gegen Computer, München 2007

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Logo Olympia, London 2012

(Hinweis: Aufgrund strikter Rechte nur Link, keine Einbindung des Logos als Bild. Wie man da natürlich "getting involved" = ungehindert und frei zum Mitmachen inspiriert werden kann, erschließt sich mir nicht mehr, wenn die Rechte so eng ausgelegt sind. Anm. d. S.)

Nachtrag, praktisch für’n Gay-Führer "London 2012 von hinten" :-)
http://www.flickr.com/photos/exmonkey/529761236/

 

Endlich! Olympia London 2012: kein langweiliges SCHÖNGEIST-Logo!

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Bildquelle und Diskussion:

Fontblog  http://www.fontblog.de/london-2012-will-doch-nur-spielen

Die offizielle London 2012 Seite

Das Logo ist eine wunderbare Provokation für alle pathetischen
Schöngeister, die sich hochoriginell :-( etwas mit stilisierter Flamme
oder sich grafisch "hochbedeutsame" edle Spielereien mit den fünf
Ringen vorgestellt haben. Sowas aber auch.

Und daher find ich’s richtig gut. Es wird Kommunikation provozieren, zum
Anders- und Selbermachen ermuntern, aber stark genug sein, auch in
seiner zugebenermaßen brachialen Urform erinnert zu werden. Was will
man als Kommunikationsdesigner mehr. Wir sollten vom hohlen, verlogenen
Schöngeistkram in Bezug auf Olympia mal wegkommen.

Denke grad laut nach (muss erst die Urheberrechte oder wie die sich das
copyrightmäßig vorgestellt haben studiern mit heißem Bemühn – ois in
inglish, damn), ob ich nicht einen kleinen crazy Flashfilm dazu mache
mit interaktivem Actionscript 2 mit genau diesen Elementen und sie in
meinem Blog zur Verfügung stelle.

Signatur:
Ein Kommunikationsdesigner (mit Dippel, hach wie altmodisch), der keine
schönen sinnentleerten Design-Rüschen, aber dafür Kommunikation mag.

 

Heldinnen der Servicewüste: Oma

Update zu Knoblauchwodka:

"Ich verwarne Ihnen!"

"Ich danke Sie."

Willi "Ente" Lippens

Loben will ich gutes Essen – was ich auch jedem raten will, der mit einer Designerin verheiratet ist, die sich als Gourmet versteht. Gutes Essen besteht aus einer überschaubaren Anzahl von Zutaten, kann auswendig zubereitet und mit dem Blick auf einen Bildschirm gerichtet verzehrt werden.

Da kann man selbst drauf kommen, im gleichen Sinne aber äußern sich Platt/Keune/Brösel in ihrem Kochbuch für Stümper, Band 1 schon 1990 und verraten neben einer Fülle von wenigstens phonetisch verlockenden Rezepten das für Ente "Lippens". Sie mögen es auf Seite 118 ebendort nachlesen. Grob gesagt läuft es auf eine Entenbrust hinaus, die extrem saftig wird, indem sie sehr langsam in Alufolie eingewickelt gart.

Insidertipp: Das Livio-Öl aus der Zutatenliste brauchen Sie nicht. Bei uns steht der Kanister bis heute so undurchsichtig rum. Was Sie doch brauchen: die 2 EL Rübenkraut.

Hätten Sie gewusst, was Rübenkraut ist?

Und waren Sie schon mal in einem Supermarkt auf Beratung angewiesen?

Im ersten, dessen Kettenzugehörigkeit ich taktvoll verschweige, räumte der Filialleiter persönlich Regale ein. Franchise goes Familienbetrieb, eigentlich sollte man das begrüßen.

"Entschuldigung."

Grunz.

"Wissen Sie, was Rübenkraut ist, und haben Sie sowas?"

"Wenn Sie von irgend so einem Spaßradio sind, hab ich wirklich was anderes zu tun" – sagte er natürlich nicht. Nicht wörtlich.

Im zweiten Laden standen zwei sehr hübsche (weibliche) Auszubildende mit offensichtlichem Migrationshintergrund und schwarzen Umrandungen um den violetten Lippenstift bei den Tampons und argwöhnten, dass gleich eine von ihnen an die Kasse musste. Zur Show kaufte ich irgendwelche Nudeln.

Dritter Laden. Eine resolute Blonde räumt Regale ein.

"Grüß Gott. Wissen Sie, was Rübenkraut ist, und haben Sie sowas?"

"Ein was??" Sie mustert mich, ob ich von Spaßradio bin und ob sie in so einem Fall den Filialleiter verständigen muss.

"Rübenkraut. Brauch ich für ein Rezept. Keine Ahnung, was das ist, das steht da einfach drin. Haben Sie eine Ahnung, ob das ein Gemüse ist und ob das die Beilage sein könnte oder irgendsowas wie Kurkuma oder zum Einreiben?"

"Was muss man denn damit machen?"

"Man muss es in der Pfanne zerschmelzen lassen und den Bratensaft abschaben, und dosieren soll ich es in Esslöffeln. Zwei Esslöffel brauch ich.

Sie verzieht spontan das Gesicht. "Das Rezept haben Sie nicht dabei?"

Was denn nicht noch.

"Da kann ich Ihnen auch nicht helfen." Immerhin heuchelt sie ihr Bedauern recht glaubwürdig.

Vierter Laden. Eine Oma, die es nicht mal mehr nötig hat, sich die Haare kassiererinnenrot zu färben, räumt Regale ein.

"Grüß Gott. Wissen Sie, was Rübenkraut ist, und haben Sie sowas?"

Versonnen lässt sie von ihrer Arbeit ab und reibt sich das Kinn.

"Im Krieg hat’s das gegeben…"

O je, denke ich und freunde mich damit an, mit diesem Rübenkraut zu verfahren wie mit dem Livio-Öl.

Da fasst sie in das Regal hinter sich, ganz unten, und drückt mir eine Dose Grafschafter Goldsaft in die Hand.

"Das ist ein Sirup, wird aus Zuckerrüben gemacht, das schmieren Sie sich aufs Brot oder nehmen’s zum Eindicken von der Suppe und von der Soße. Schmeckt gut, besser als das Nutella!"

Steht heutzutage wieder bei der Biomarmelade. Dafür ist das Kochbuch vergriffen.

Das vollständige Rezept erhalten Sie bei Interesse bei the missing link.

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