Update zu Wir nennen es Würdigung:

I do not do this because I love being watched but because I don’t mind being watched.

Jennifer Ringley, 2001

In unserer Serie über historisch bedeutsame Seiten des Web 0.1 bis Web 1.0 gedenken wir der Jennicam, die man ja gern verlinkt hätte, wenn es sie noch gäbe.

Auf dieselbe Idee ist vor ein paar Tagen (leider?) schon der grafische Kollege Sven K. gekommen, der eine Würdigung über Jennis Nachfolgerin Ana Voog verfasst hat, über der man sich ganz weitgesurft und weh vorkommt.

Jennicam als das Pendant zu den Beatles, Anacam als Rolling Stones, es stimmt schon. Der Ausverkauf der Girlcams, Jennicam goes Tokio Hotel, fing an mit Natacha Merritt von den Digital Diaries: Selbstverständlich kannte jeder von uns lauter Mädels des Jahrgangs 1977, die den lieben langen Tag ihren Hang zum Exhibitionismus auslebten, aber sicher doch. Ständig hatten sie ihre Digicam dabei, wenn sie mit ihrem Freund oder ihren die Tür einrennenden Liebhabern Sex hatten. Unter der Dusche legten sie die Kamera ins Wasser und seiften sich mit gespreizten Fingern und Beinen die Urogenitalbereiche ein. Dann masturbierten sie sich mit und ohne Hilfsmittel ins nächste Jahrtausend – und im jeweils schönsten Moment streckten sie ihren Arm aus und knipsten sich dabei selber. Professionell ausgeleuchtet waren sie von Natur aus. Das war nämlich die Darstellung ihres Lebensgefühls, die einzig zeitgemäße Form des Tagebuchführens: Sie lebten lasziv und zeigten es. Taten wir das nicht alle, wir alten Himmelhunde der New Economy?

Ich war ja mehr so der Typ fürs Gutenberg-Projekt